laut.de-Kritik

Hammerhartes und intensives musikalisches Statement.

Review von

Nach dem Niedergang von At The Drive-In gehörten zwei Daten zum Pflichttermin. Der erste verstrich bereits letzten August mit der Veröffentlichung des Sparta-Debüts , der andere folgt nun mit dem ersten Lebenszeichen von Mars Volta über Album-Länge, nachdem die Mannen um Omar Rodgriuez und Cedric Bixler schon vor über einem Jahr mit "Tremulant" an die Öffentlichkeit getreten waren.

Ein Konzept-Album ist es geworden, in dem die Band, oder besser gesagt Omar Rodriguez, den Tod von Julio Venegas musikalisch und textlich verarbeitet. Jener hatte sich 1996 das Leben genommen, während At The Drive-In gerade probten. Bereits "Embroglio" von "Acrobatic Tenement" drehte sich um diesen Schicksalsschlag. Aus dem einen Song ist jetzt ein ganzes Album geworden, das sich mit dem Dahinscheiden Venegas' befasst, der sich auch schon mal Rattengift in die Venen pumpte.

Nachdem dann auch noch Effekte-Mann Jeremy Ward das Zeitliche segnete, mutierte "De-Loused In The Comatorium" zu einem doppelten Tribut. Nur seltsam, dass dem Booklet keine Lyrics beiliegen. Gerade wenn es um den Tod eines nahen Freundes geht, möchte der Hörer doch wissen, wie dies textlich umgesetzt wird, zumal nicht alles gleich verständlich ist und gerade hier Worte gebraucht werden, die nicht unbedingt zum Alltagsenglisch gehören. Aber leider: Fehlanzeige.

Selbst wenn der "Opener" mit "Son Et Lumiere" (Ton und Licht) betitelt ist, kommt von Licht nicht sehr viel rüber. Düster und melancholisch ist die Stimmung in diesem Intro. "Inertiatic Esp" brettert sofort nach vorne los und macht klar, was bei Mars Volta anno 2003 angesagt ist: filigrane Muckerei weit ab von ausgetretenen Strophe-Strophe-Bridge-Refrain undvonvorne-Kram. "Now I'm lost" singt Cedric in gewohnt emotionaler Art und schmückt einen starken Beginn. Noch ausgefuchster entwickelt sich "Roulette Dares". Der wilde Anfang leitet in einen ruhigen Gesangspart, den Bixler am Ende mit einer fantastischen Melodie krönt. Die Wirren der Geschichte um Venegas versinken teilweise in zerschmetternden Instrumental-Parts. Alles wirkt dabei in sich stimmig. Selbst wenn ein Track wie "Cicatriz Esp" über zwölf Minuten Spieldauer in Anspruch nimmt und gewaltig fordert.

Den Spruch, dass Mars Volta auch Salsa als Inspirationsquelle heran ziehen, wirkt zum ersten Mal glaubhaft, wenn in "Drunkship Of Lanterns" Schlagzeug und Bass - bei den Aufnahmen übrigens von Flea eingezupft - in den Zwischenparts Samba-Rhythmen anstimmen. Trotz solcher Ausflüge rockt's und kracht's aber gewaltig, und bei der Intensität, die das Orchester (Band wäre fast schon eine Beleidigung) entfaltet, fönt es einen fast rückwärts vom Stuhl. Natürlich ist immer offensichtlich, wer hier auf's Schnitzel haut, jazzige Versatzstücke und Psychedelic-Fragmente im Stil von 70er Prog-Bands sind trotzdem eine Überraschung für sich: "Televators" könnte mit seiner todtraurigen Atmosphäre und dem niederschmetternden Text geradewegs von Pink Floyd stammen und ist wohl - nicht nur wegen seiner Härte trotz fehlender verzerrter Gitarren - der ungekrönte Song-König des Albums.

Schön, dass bei den vielen Hype-Märchen, die landauf landab erzählt werden, diesmal eines dabei ist, das voll und ganz der Wahrheit entspricht. "De-Loused In The Comatorium" stellt ein hammerhartes und intensives musikalisches Statement dar, bei dem nur eine Gestik gerechtfertigt erscheint: Daumen hoch!

Trackliste

  1. 1. Son Et Lumiere
  2. 2. Inertiatic Esp
  3. 3. Roulette Dares (The Haunt Of)
  4. 4. Tira Me A Las Aranas
  5. 5. Drunkship Of Lanterns
  6. 6. Eriatarka
  7. 7. Cicatriz Esp
  8. 8. This Apparatus Must Be Unearthed
  9. 9. Televators
  10. 10. Take The Veil Cerpin Taxt

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267 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    @zipp84 (« hab mir das album nun ein zweites mal gründlich und aufmerksam angehört. fazit: DIE JUNGS ROCKEN OHNE ENDE!!! geiles album, geile band, ich freu mich riesig aufs konzert :D »):

    ups... das hätte eigentlich im thread zum NEUEN album von Mars Volta landen sollen - mist. falls ein admin drüberstolpert, bei gelegenheit korrigieren :(

    wer musste denn auch nochmals was zu diesm alten album posten!!? ...na wenn ich schonmal hier bin: dieses album ist natürlich auch klasse... ERIATARKA löste damals mehr als nur freudensprünge aus! :D

  • Vor einem Jahr

    Bei den ersten Kommentaren steht "vor 20 Jahren". :(

  • Vor einem Jahr

    "IMHO wird diese Musik erst wohl in so 20 Jahre verstanden und akzeptiert werden."

    näh