laut.de-Kritik

Liebenswert unkonventionelle Songs zwischen Kammerpop und Neo-Folk.

Review von

Die Mitgliedschaft im Elektrofolk-Projekt Bonobo reicht James de Malplaquet nicht aus, um seine eigenen musikalischen Vorstellungen umzusetzen. So schart der Mann aus Brighton vier Mitmusiker zur Gründung einer neuen Band um sich. Nach eigenen Aussagen soll es ein Kammerquintett für moderne Songs zwischen Folk und Artpop sein.

Mit einer Coverversion des Hot Chip-Hits "Over And Over. Mit "12 Ways To Count" machen sie zum ersten mal auf sich aufmerksam, nun haben sie ihr Debüt am Start.

Instrumentiert sind die Lieder strukturell mit Akustikgitarre, Cello Geige und Kontrabass. Atmosphärisch bewegt sich die Kombo irgendwo zwischen Devendra Banhart, Scott Matthew und den Mountain Goats, gesanglich lässt sich Mastermind Malplaquet mit seiner betörenden und variationsreichen Stimme in die Nähe von Patrick Watson und Antony Hegarty rücken.

Schon großartig, wie die Streicher den Opener "Early Mourning" zu sanften Percussions instrumentieren und der Song mehrstimmig ausklingt Mit lethargischer Kammermusik hat das wenig zu tun, auch wenn im weiteren Verlauf auf jegliches Schlagwerk verzichtet wird und die Stimmung eher behaglich denn extrovertiert ist.

In "Pisshead" dominiert die gezupfte Akustische zu den Streichern, ein Maultrommelbeat und das Glockenspiel rhythmisieren das Stück. Und mit lakonische Textzeilen wie "I'd feel much better is I had a drink" aus dem Trinkerlied "Pisshead" erweist sich Malplaquet als sympathischer Songwriter, mit dem man gerne einen trinken würde.

"If you want to take me on the top of the tree, I'll be your monkey for you", verzehrt er sich in "Monkey", das vom Banjo untermalt und mit schnell gestrichenem Kontrabass ordentlich Fahrt aufnimmt.

Im ruhigeren "Muswell" wird das Arrangement mit einer Klarinette bereichert, in "The Time That's Mine" perlt die Gitarre wie einst bei Nick Drake.

The Miserable Rich legen mit ihrer Musik ein Selbstverständnis an den Tag, das gleichermaßen unprätentiös wie liebenswert unkonventionell ist. Wie zum Beispiel bei der wunderbaren Melodielinie in "The Barmaid's Canon", das außerdem mit einem gezupften Kontrabass und dem plötzlich einsetzenden mehrstimmigen Sprechgesang glänzt oder im klassisch anmutenden "Poodle", dem die Handclaps und der Chor prächtig stehen.

"Button My Lip" schließt sich ein Hidden Track an, der dem Album einen wunderbaren Abschluss bereitet, ein mittels Glockenspiel wie eine Kinderspieluhr inszeniertes Schlaf- und Liebeslied mit lieblichem mehrstimmigem Finale.

Toll, wie sich diese Band aus Brighton derzeitigen Britpop-Trends entzieht und stattdessen in einen zeitlosen und charmanten Kosmos aus Kammerpop und Folk mit Indie-Einschlag eintaucht.

Mir als Freund des Singer/Songwritertums haben The Miserable Rich mit "12 Ways To Count" ein famos arrangiertes Album-Highlight des noch jungen Jahres beschert, das das Abspielgerät lange nicht verlassen wird.

Trackliste

  1. 1. Early Mourning
  2. 2. Pisshead
  3. 3. Boat Song
  4. 4. The Knife-Thrower's Hand
  5. 5. Monkey
  6. 6. Muswell
  7. 7. North Villas
  8. 8. The Time That's Mine
  9. 9. The Barmaid's Canon
  10. 10. Poodle
  11. 11. Merry Go Round
  12. 12. Button My Lip

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