laut.de-Kritik
Comeback in Urbesetzung: Ab ins Regal zu "Children" und "Gods Own Medicine".
Review von Ulf KubankeNa endlich! Nach gefühlt 100 Mission-Platten, die man sich über weite Strecken okay bis schön hören musste, kommt mit "The Brightest Light" endlich genau jenes Album, das man seit "Carved In Sand" bzw. "Grains Of Sand" (beide 1990) schmerzlich vermisst.
Der Restart in Echtzeit und Urbesetzung, namentlich Wayne Hussey, Craig Adams und Simon Hinkler. Gerade die Rückkehr des gothischen Gitarrenhelden Simon nach 23 Jahren missionarischer Abstinenz ist ein Triumph.
Elf Tracks in einer knappen Stunde - doch nichts klingt wie früher. Wiederholungen waren eh noch nie ihr Ding. Jede Mission-Scheibe klingt irgendwie anders. Doch der Geist echter Teamarbeit, musikalisch verschworener Gemeinschaft und hymnischen Rocks ist zurück. Wenn auch im neuen Gewande.
Neuerfindung? Rückbesinnung? Nun, von beidem ein bisschen. Gute Musiker waren sie schon immer. Mittlerweile sind sie edel und komplex wie gereifter Wein. Der Clou: Statt den guten Wayne seine Songwriterideen mit großem La, Di und Da vorproduzieren zu lassen, wurde diesmal alles gemeinsam ersonnen. Im Proberaum - bis man lacht, kotzt und ein Höllenalbum steht.
Diese neue Freiheit hört man jeder einzelnen Note an. Ergebnis: Eine Wucht in Sound und Arrangements, wie man es von den britischen Urgoten bislang nur live kannte. Fett und knackig wie nie.
Der rauere Sandpapiersound klingt zunächst ein wenig ungewohnt, aber funktioniert perfekt als Frischzellenkur. Groovy Postpunkdrums, runder Bass und ein leidenschaftlich melodischer Hussey am Mikro, der zwei, drei rostige Reißnägel vertilgt zu haben scheint. Doch im Grunde lebt die Platte von der Rückkehr ihres verlorenen Sohnes Simon und den stetigen Duellen seiner Gitarre mit den Vocals.
Das besondere Markenzeichen der Mission war stets Husseys seit "First And Last And Always" simultane Verknüpfung von E-Gitarren mit akustischen. Dieser rote Faden ist zum Glück wieder präsenter als zuletzt ("Born Under A Good Sign" und "From The Oyster Comes The Pearl"). Der sich ergebende akustische Cinemascope-Effekt eignet sich als idealer Rahmen für die Melodiebögen der Engländer.
Doch all das wäre keinen Pfifferling wert, würden die Songs nichts taugten. Derlei muss man bei Hussey gleichwohl nicht befürchten. Der "Swan Song" sollte als Referenz von Fans und Novizen gleichermaßen angecheckt werden: Hinkler serviert eine Mörderhook, Hussey spinnt eine getragene Melodie drum herum, die im Stadion ebenso funktioniert wie am Lagerfeuer.
Auf "Black Cat Bone" fräst sich eine überraschend zermahlende Gitarrenwand ins Ohr, bis der Song samt pulsierendem Schlagzeug nach wenigen Minuten zu einer Kreatur wird, die nicht wenige sicherlich als perfekten Mission-Track empfinden könnten. Man beachte den mehrstimmigen Voodoogesang zum Ende.
Ebenso gibt es kein gelungenes Album des Quartetts ohne eine dieser herrlichen Hussey-Balladen aus dem Niemandsland maskuliner Verletzlichkeit. Auf "Litany For The Faithful" gibt der Wahl-Brasilianer einmal mehr den Romantiker mit dem vernarbten Herz.
Auch der oft selbstironische Humor Waynes hält in den Texten endlich wieder Einzug. "Hussey is a harlot, dress him up in scarlet", singt die ehemalige Sister Of Mercy. Von der Äbtissin zur Dirne! Und dabei so frisch und jugendlich klingen wie in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr. Ab ins Regal zu Klassikern wie "Children" oder "Gods Own Medicine" mit der Scheibe. Sie hat es verdient.
2 Kommentare
Keine Ahnung was der Rezensent meint, aber dieses Album ist lediglich Gitarren-(Pop-)Rock unterdurchschnittlister Sorte! Es hat nicht im Entferntesten etwas mit den zitierten Klassikern gemein. Wer die Abgründigkeit von "Medicine", die Depression in "Children" oder den Hammer-Sound von "Carved in Sand" kennt, der wird nicht glauben können dass das hier dieselbe Band sein soll. Und das sagt jemand, der sich ein gutes Mission-Album sehnlichst gewünscht hätte.
Dieser Kommentar wurde vor 11 Jahren durch den Autor entfernt.