laut.de-Kritik

Texte von Dylan mit Musik von Costello, Mumford, Goldsmith.

Review von

Man kann sich T Bone Burnetts verdattertes Gesicht vorstellen, als ihn der Agent seines Freundes Bob Dylan anrief und ihm 16 Texte anbot, die his Bobness während der Sessions zu den legendären Basement Tapes geschrieben hatte, die aber unbenutzt geblieben waren und seit 1967 in einer Schublade schlummerten.

Burnett nahm das Angebot natürlich an, denn es war eine jener Gelegenheiten, die sich im Leben nicht oft ergeben, selbst bei einem solch erfolgreichen Produzenten wie ihm. Da noch keinerlei Melodien vorhanden waren, trommelte er mehrere Musiker zusammen, die ihrerseits verdattert geschaut haben dürften: Seinen alten Spezi Elvis Costello, Jim James von My Morning Jacket, Taylor Goldsmith von Dawes, Marcus Mumford und Rhiannon Giddens (Carolina Chocolate Drops), deren Album er praktischerweise gerade produzierte. Alle bekamen die Texte zugesandt und durften sich Gedanken über die Umsetzung machen.

Da bei Dylans offenbar Unordnung herrscht, flatterten kurt vor Beginn der Aufnahmen noch mal neun Texte rein. Dafür hatte Burnett nicht Big Pink in Woodstock gebucht, wo ein Großteil der Basement Tapes entstanden waren, sondern zwei Kellerräume in den Capitol Studios in Hollywood. Im Gegensatz zu den Dylan-Sessions ist der Sound exzellent, auch gibt es diesmal Angaben, welcher Musiker was auf welchem Lied spielt. So genau hatte es Garth Hudson, der Mitglied der Band war und nebenbei das primitive Aufnahmegerät betreute, nicht genommen.

Das ist auch der einzig positive Unterschied zwischen den ursprünglichen Basement Tapes und den New Basement Tapes. Mangelndes Engagement kann man den Beteiligten nicht vorwerfen. Aber leider will der Funke nicht wirklich überspringen. Das zeigt sich schon am Opener, zu dem Jim James hastig eine Melodie erfand, als die Sessions begannen – einer jener nachträglichen neun Texte. Noch uninspirierter wirkt Costello, der sich erst bei Chuck Berrys "Brown Eyed Handsome Man" bedient ("Married To My Hack"), dann bei Leonard Cohens "Sisters Of Mercy" ("Lost On The River") und Ray Charles ("Six Months In Kansas City (Liberty Street)").

Nicht wesentlich besser macht es Marcus Mumford, obwohl Johnny Depp für "Kansas City" ein brauchbares Solo beisteuert. Rhiannon Giddens klingt eine Spur zu esoterisch und will nicht so richtig zu den anderen passen. Inspiriert kommt lediglich Goldsmith rüber, erst mit einer Klavierballade ("Liberty Street"), dann mit Akustik-Gitarre ("Florida Key"), schließlich mit Alt-Country zum Mitschunkeln ("Card Shark").

Jim James klingt genauso wie mit seiner Band. Im eher gehauchten als gesungenen "Nothing To It" darf er die besten Verse aus Dylans zur Seite gelegter Textauswahl beisteuern: "There was no organisation I wanted to join / So I stayed by myself and took out a coin / There I sat with my eyes in my hand / Just contemplating killing a man". Ansonsten dreht es sich im Wesentlichen um Frauen und ums Reisen. Reisen mit, ohne, oder wegen einer Frau.

Wenig zu bemängeln gibt es bei den Begleitmusikern und bei der Produktion. Costellos Idee war es, wie bei den ursprünglichen Basement Tapes, Musiker einzusetzen, die mit verschiedenen Instrumenten umgehen und auch zusammen arbeiten können. Zum harten Kern gesellen sich einige Gäste. Neben Depp auch Rebecca und Megan Lovell alias Larkin Poe, die ätherischen Hintergrundgesang beisteuern.

In zwölf Tagen entstanden 45 Songs, da einige der Texte mehrmals vertont wurden. Die vorliegende Platte ist also erst der Anfang, mindestens eine weitere soll folgen, dazu auch ein Dokumentarfilm. Ein spannendes Projekt, zweifellos. Schade nur, dass das musikalische Ergebnis nicht so prickelnd ausfällt, wie man es erwarten durfte.

Trackliste

  1. 1. Down On The Bottom
  2. 2. Married To My Hack
  3. 3. Kansas City
  4. 4. Spanish Mary
  5. 5. Liberty Street
  6. 6. Nothing To It
  7. 7. When I Get My Hands On You
  8. 8. Duncan And Jimmy
  9. 9. Lost On The River #12
  10. 10. Florida Key
  11. 11. Hidee Hidee Ho #11
  12. 12. Stranger
  13. 13. Card Shark
  14. 14. Six Months In Kansas City (Liberty Street)
  15. 15. Lost On The River #20

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