laut.de-Kritik
Chill Out à la Café Del Mar für Fortgeschrittene.
Review von Daniel StraubDie große Pioniere elektronischer Clubmusik dominieren die Releases des jungen Jahres 2008. Carl Craig hat vorgelegt, Autechre und The Orb ziehen nach. Seit 1989 existiert die vom ehemaligen KLF-Mitglied Jimmy Cauty und Alex Paterson gegründete Rave-Band. Zahllose Hits hat sie seither veröffentlicht und mit "Ambient House" ihr eigenes Subgenre zugesprochen bekommen. Auch für das aktuelle Album "The Dream" ist diese Bezeichnung einigermaßen zutreffend. Der Chill-Out ist noch immer die Spielwiese von The Orb.
In den frühen Tagen der Band war das noch so etwas wie das große, neue, unbekannte Land, das es zu erforschen gab. Schnell kam man zu der Erkenntnis, dass fluffig-spacige Dub-Sound bestens zum geflegten Chillen passen. Wer die ganze Nacht auf Pille über die Tanzfläche gehüpft war, für den durften es am frühen Morgen gerne ein paar BPM weniger sein. Hauptsache, der Bass war deutlich genug zu vernehmen. Und dafür haben The Orb von Beginn an Sorge getragen.
Schließlich ist Alex Paterson ein großer Dub und Reggae-Fan, der sich im vergangenen Jahr sogar für das Traditionslabel Trojan an den Mixer gestellt hat, um eine Compilation einzuspielen. "The Dream" klingt denn auch weniger elektronisch als die frühen Sachen der Band. Der Fokus liegt heute mehr auf chilligen World-Music-Klängen, freilich immer noch mit einem deutlich hörbaren Background in elektronischer Musik.
Tracks wie "Katskills" profilieren sich in dieser Richtung. Auch "Mother Nature", das mit seinen Beats den Crossover zum Hip Hop sucht, kann als gelungenes Beispiel für einen eigenständigen The Orb-Sound dienen. Insgesamt jedoch gelingt es der Band aber nicht, sich dauerhaft und deutlich vom chilligen Café Del Mar-Einheitsbrei abzugrenzen. In dessen Fahrwasser bewegen sich leider viele der Tracks von "The Dream".
Zwar muss man The Orb zu Gute halten, zu den absoluten Chill-Vätern zu gehören. Das musikalische Gutmenschentum, das in Form der Chill-Welle ab Mitte der 90er Jahre, heimischen Cafés und Bars den Anstrich von Weltläufigkeit gab, hat diese Genre leider auf Jahre hinaus vergiftet. The Orb waren nicht mutig genug, die notwendigen Konsequenzen für ihre Musik aus dieser Entwicklung zu ziehen. Mehr Fantasie, weniger Format wäre hier notwendig gewesen.
Noch keine Kommentare