laut.de-Kritik

Die jungen Iren spielen die Retro-Karte voll aus.

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E-Gitarre, Schlagzeug, Bass und Mundharmonika – viel mehr brauchen The Strypes auf "Snapshot" nicht. Im UK eroberten die Iren mit den 60ern zugewandtem Rock'n'Roll und Rhythm And Blues, unlängst die Top Ten. Drei Monate später erscheint die Platte nun hierzulande, nachdem man die Band schon auf ein paar Festivals oder im Vorprogramm der Arctic Monkeys bestaunen durfte.

Tatsächlich staunt man nämlich nicht schlecht: Die Jungs zwischen 16 und 18 knallen mit einer Energie durch ihre Sets, dass man ein riesiger Partymuffel sein muss, um davon nicht mitgerissen zu werden. Eine Sache verbergen Begeisterung und die obligatorische Sonnenbrille des Sängers Ross Farrelly aber kaum: Neues oder gar Innovatives fehlt ihrem Klang gänzlich. Sie berufen sich nicht nur auf Chuck Berry, die Yardbirds oder die frühen Rolling Stones, sondern spielen die Retro-Karte voll aus und kopieren den Sound ihrer Vorbilder quasi eins zu eins.

Aufhängen sollte man sich bei "Snapshot" aber nicht unbedingt daran. Denn The Strypes selbst legen keinen Wert darauf, supermodern oder ausgefeilt zu klingen. Stattdessen nutzen sie lieber die immer gleichen ranzigen Riffs und stehen auf rohen Sound. Dank Produzentenlegende Chris Thomas (Sex Pistols, Beatles, Pink Floyd) knarzen und quietschen die Instrumente auf dem Debütalbum ganz nach ihren Vorstellungen.

Außerdem fordern sie die Referenzen heraus. Eingebettet ins eigene Material packten die Iren vier Cover ihrer Idole auf die Platte: Bo Diddleys "I Can Tell" und "You Can't Judge A Book By The Cover", Nick Lowes "Heart Of The City" und "Rollin' And Tumblin'" von Muddy Waters. Während sie den Pubrock von Lowe mit der richtigen Portion Dreck in der Stimme und Gitarren-Druck nachempfinden, beißen sie sich an den US-amerikanischen Blues/Rock'n'Roll-Ikonen die Zähne aus. An Feinsinn, Gefühl und schlicht Erfahrung fehlt es ihnen, wenn sie gewohnt schrammelig durch die Nummern brettern. Hier einen Gang herunterschalten hätte ausnahmsweise mal nicht geschadet.

Egal, ob der Opener "Mystery Man", "Perfect Storm" oder "Blue Collar Jane", die Spielart der Strypes variiert minimal: schnell, laut, Gitarren-Aufschreie, lässiger Gesang, treibende Drums und Mundharmonika-Heulen. Nur ''"Angel Eyes" und "What A Shame" weichen ein wenig vom Schema ab. Ersterer bewegt sich in dröhnenden Midtempo-Gefilden, Letzterer soll laut den Iren von den Arctic Monkeys inspiriert sein. Das Intro erinnert leise an Bloc Partys "Banquet", die Lyrics trägt Farrelly etwas abgehackter als normal vor.

Die selbstgeschriebenen Songs ähneln sich nicht nur instrumental, sondern auch inhaltlich: Es geht um Mädels, Mädels, Mädels und alles, was dazu gehört: Sei es in "She's So Fine" um die Bewunderung für die coole, neue Freundin, nachbarschaftliches Anbandeln mit "Blue Collar Jane" ("Always has a teacup when she knocks up on my door / She just wants some milk and sugar, but all I want is her") oder unsichere, erste Flirtversuche mit den "Hometown Girls" ("But can't you give me a fix, so I'm craving confidence? / Well, I reek of sweat and teenage innocence / Well, I want you so, but you'll never know / 'Cause I'm too shy for the hometown girl"). Alles ein bisschen naiv, ein bisschen klischeegefüllt, aber natürlich entsprechen die Texte auch ihrem jungen Alter. Zum Schmunzeln und Mitsingen eignen sie sich bestens.

Insgesamt bietet "Snapshot" ein kurzweiliges Vergnügen. Kaum ein Song überschreitet die Dauer von drei Minuten. Kaum ein anderer junger Künstler derzeit (ausgenommen Jake Bugg) zollt seinen großen Helden auf so bemerkenswerte Weise Tribut wie sie und liefert dabei ein vergleichbar unbekümmertes, wenn auch einseitiges Debüt ab. Auf dem Schirm sollte man The Strypes auf jeden Fall behalten.

Trackliste

  1. 1. Mystery Man
  2. 2. Blue Collar Jane
  3. 3. What The People Don't See
  4. 4. She's So Fine
  5. 5. I Can Tell
  6. 6. Angel Eyes
  7. 7. Perfect Storm
  8. 8. You Can't Judge A Book By The Cover
  9. 9. What A Shame
  10. 10. Hometown Girls
  11. 11. Heart Of The City
  12. 12. Rollin' And Tumblin'

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