laut.de-Kritik
Erlend Oye kehrt zu seinen akustischen Anfängen zurück.
Review von Martina KellnerErlend Oye ist ein vielbeschäftigter Mann. Ob als Kings of Convenience-Mitglied, Röyksopp-Sänger oder Solokünstler, ob als Vorreiter des New Acoustic Movement, als Elektro-, Folk-Pop- oder Indie-Musiker, Oye macht dabei stets eine gute Figur! Nun hat der Sound-Workaholic ein weiteres Projekt am Laufen – man kennt ihn neuerdings unter dem Synonym The Whitest Boy Alive.
Und als dieser wendet sich der Wahlberliner mit den norwegischen Wurzeln wieder zum "Quiet Is The New Loud"-Sound. Er kehrt zurück zu akustischen Gitarren und lieblich leisem Gesang mit viel Herz und Gefühl und weg von elektronischen Sounds. "Dreams" entführt in akustisch reine Klangwelten, mal melancholisch-verträumt, mal schwermütig-betrübt. Die Songs und Melodien sind einfach und simpel gehalten, ab und an fehlt ihnen der gewisse Pepp – ein paar elektronische Beats hätten da sicher nicht geschadet.
Ganz so introvertiert und zurückhaltend wie es das Markenzeichen der Kings of Convenience war, klingt der Sound des weißen Jungen mit den roten Locken und der riesigen Hornbrille dann doch nicht – der erste Song, "Burning", besticht mit beschwingt groovigen Gitarren und rhythmischem Basslauf und natürlich durch Oyes sanfte, rührselige Stimme. Der Opener überzeugt durch Dynamik und Leichtfüßigkeit und setzt dort an, wo die Kings of Convenience mit "I'd Rather Dance With You" aufgehört haben – charmanter Pop, der zum mitwippen und tanzen auffordert.
Es folgt "Golden Cage", ebenfalls sanft und leicht, diesmal aber mit stark melancholischem Unterton in Sound und Text ("So of course I miss you / and I miss you bad / But I also felt this way / when I was still with you"). Die Melodie von "Fireworks" klingt weniger bekümmert, eher dynamisch und leicht – doch auch hier findet sich wieder unterschwellige Beklemmtheit ("Patience is just another word for getting old / Resolution just as impossible as letting go"), die man wegen der schönen und eingängigen Melodien zunächst gar nicht bemerkt.
In "Done With You" besingen The Whitest Boy Alive das leidige Thema der gescheiterten Liebe. Der Song legt das Augenmerk nicht auf den Gesang, sondern auf ausgedehnte Gitarrenparts. Mit "Don't Give Up" fordert Oye zu mehr Selbstvertrauen und Mut auf. Unterstützt wird seine sentimentale, fast schon fragil klingende Stimme hierbei von einem männlichen und einem weiblichen Gesangspart – zusammen ergeben diese einen kraftvollen und zugleich emotionalen Backgroundchor. Die Melodie des Songs wirkt verträumt und beschwingt zugleich.
Dann verliert die Platte jedoch ein wenig an Kraft und Dynamik. Die folgenden Songs sind sehr ruhig gehalten – ausgedehnte Instrumentalpassagen stehen im Mittelpunkt, der Gesang rückt in den Hintergrund. "Above You" und "Inflation" stechen nochmals durch rhythmische Gitarren- und Basslinien hervor, die restlichen Tracks kennzeichnen sich durch langgezogene Akustikparts. Da wünscht man sich mehr tanzbare Beats! Anstatt leise Gitarren in den Vordergrund zu stellen, sollten Oye und seine Berliner Jungs auf ihre stark popplastigen, beschwingt groovigen Sounds setzen, wie in "Burning" oder "Fireworks" geschehen.
Mit ihrer musikalischen Mischung aus Pop- und Gitarrensounds erinnern The Whitest Boy Alive an die Musik von Contriva, The Notwist und natürlich unverkennbar an die Kings Of Convenience. Leider verliert die Platte ab der Mitte etwas an Drive und man sehnt sich öfters nach Oyes elektronischem Ausflug "Unrest" aus dem Jahr 2003 zurück.
1 Kommentar
Als ich die CD das erste Mal hörte, konnte ich nicht aufhören immer wieder die Play-Taste zu drücken. Wenn man keine Erwartungen an die Musik und keine Vorprägungen des Künstlers im Kopf hat, dann ist das Werk einfach mal großartig. Es passt zu den melacholischen Herzen, die gern träumen und in akustischen Gitarrenklängen ihren Anker finden und sich verlieren. Na, vielleicht bin ich grad zu sehr drin in dem Gefühl, aber The Whitest Boy Alive erinnern auch so sehr an die guten alten Sachen von The Cure was die Gitarre angeht, irgendwie ganz sachte auch an Death in June - dieses einfache Fließen der Musik ist so großartig. Es muss nicht immer und überall fetzig und elektronisch sein, Modernität kann sich auch genau so ausdrücken - eigenständig, selbstbewußt und zeitlos.