laut.de-Kritik
Songs für die guilty pleasure-Playlist.
Review von Emil DröllDer erste Schock ist vorbei, der zweite auch. Zeit also, dem Ganzen zumindest ein bisschen Gutes abzugewinnen – denn wer es so penetrant versucht, hat wenigstens dafür Anerkennung verdient. Thomas Anders covert erneut die Modern Talking-Ära ohne Dieter Bohlen. Diesmal: "Ready For Romance" (1986). Wieder mit dabei: einmal die Songs als "Thomas' Version" – also: gleiche Melodie, gleicher Text, nur mit Konserven-Discobass darunter. Dann: die "In The Mix"-CD, die klingt, als würde man auf doppelter Geschwindigkeit durch ein Musikvideo skippen. Und schließlich noch die Instrumentals – Karaoke für Leute, die ihre Gäste aktiv vertreiben wollen.
Man muss ihm lassen: Thomas Anders zieht sein Konzept durch – mit einer Konsequenz, die fast schon bewundernswert ist. Und ja: Ein, zwei Songs funktionieren im neuen Soundgewand tatsächlich besser als erwartet. Auch soundtechnisch ist alles sauber produziert – klar auf Nummer sicher, aber professionell. Es hätte schlimmer klingen können. Tut es nicht. Leider aber auch nicht besser.
Das dritte Bromance-Recap startet mit "Brother Louie". Musikalisch steht es dem Original in nichts nach – was weniger ein Lob ist als ein kreatives Alarmsignal. Der dumpfe Discobass fügt sich gut in das trashig-eingängige Klangbild, produziert ist das Ganze punktgenau. Kein Schnitzer, keine Klangkatastrophen – wer Klangreinheit liebt, wird nicht enttäuscht. Nur: Auf der perfekten Tonspur passiert leider herzlich wenig. Was hingegen in der "In The Mix"-Version passiert, ist eine andere Geschichte – eine pumped-up Trash-Version, die wirklich nur für musikalische Märtyrer-Ohren geeignet ist.
Was bei "Brother Louie" noch überraschend gut funktioniert, raubt "Just We Two" jeglichen Charme. Da wirkt selbst die "In The Mix"-Variante erträglicher. Der langsame Disco-Beat, der High-Pitch-Chorus und charmant schiefer Gesang werden ersetzt durch standardisierte Schlagerproduktion aus dem Baukasten. Gleiches Problem bei "Lady Lai" – und leider allem, was danach kommt.
"Atlantis Is Calling (S.O.S. For Love)" überrascht dann wieder halbwegs positiv: etwas weniger Quietsche-Vocals als im Original, sogar das Gitarrensolo hat sich mit eingeschlichen. Leider reicht es trotzdem nicht, um dem Song echtes Profil zu geben. Bis zu den Bonus-Tracks "Midnight Lover" und "Lonely Lady Blue" bleibt es gewohnt belanglos. Immerhin: Wer sich selbst nicht zu ernst nimmt, wird mit "Midnight Lover" Spaß haben – eingängig, perfekt überproduziert, ein Song für die guilty pleasure-Playlist. "Lonely Lady Blue" fügt sich nahtlos in den Rest ein – nicht störend, aber eben auch nicht erinnerungswürdig.
Wer sein Geld in die Dreifach-CD investiert, hat immerhin schon das diesjährige Schrottwichtel-Geschenk gesichert. Denn mindestens zwei der drei CDs sind – wieder – mehr kommerzieller Beifang als musikalischer Mehrwert. Die "Thomas' Version"-Tracks haben als Fanartikel durchaus ihre Berechtigung im Regal. Man hat nie das Gefühl, dass Anders hier irgendwen überzeugen will, der Modern Talking jemals doof fand. Das hier ist Fanservice. Sauberer, kalkulierter Fanservice – mit Schleife. Und das ist okay. Für alle anderen leider nur mit Promillegrenze hörbar.
Dabei wäre es so einfach gewesen: ein bisschen Humor, ein bisschen Selbstironie. Ein Hauch von Trash-Akzeptanz. Oder zumindest ein Konzept, das über das immergleiche 3-CD-Modell hinausgeht. Genre-Crossover, Feature-Gäste, ein Remix mit Augenzwinkern – irgendetwas. Aber Thomas Anders bleibt Thomas Anders – auf der Suche nach der verlorenen Zeit.
"...Sings Modern Talking: Ready For Romance" ist der musikalische Beweis dafür, dass man ein totes Pferd nicht nur reiten, sondern auch dreifach remastern kann.
5 Kommentare
Genau sowas hat man sich gewünscht, ein großes Geschenk an die Fans, vom Gentleman of Music Thomas Anders! Ganz großes Kino, einfach fantastisch!
Banger Album, da werden Erinnerungen wach!
aoty (wenn Heino '25 nichts dropt)
Brutale Ansage an Dieter Bohren und seinem Club of Gore (Andersheads sagen auch: "Club of Bore", hihi). Der wird sich jetzt echt was einfallen lassen müssen für ne Antwort.
Klingt ja ganz nett aber mit Spongebob kann er dann doch nicht konkurrieren.