laut.de-Kritik

Anders als der Vorgänger, aber Kensrues Stimme bleibt gleich.

Review von

Würde man unter US-amerikanischen und europäischen Sängern aus dem Punk, Alternative und gar Country/Folk-Segment eine Umfrage machen, die die Frage nach dem besten Sänger stellt, wäre Dustin Kensrue der meistgenannte Name. Er wechselt, als wäre es das Natürlichste der Welt, zwischen Vibrato, klarer tiefer und hoher pressender Stimme bis ins Falsett ("Vesper Light") und hat diese naturgegebene Melancholie, die bei Cowboys genauso einen Nerv trifft wie bei Wavern, Punks oder Epic-Rockern. Selten kam etwas der Genrebezeichnung 'Epic Rock' so nah wie ein Großteil des Sounds, dem Thrice auf diesem Album frönen. Die Stimme - und ja, ich wiederhole mich gern - weist eine Erdigkeit auf, die auch viele Country-Musiker und -Fans ins Boot holen dürfte.

Post-Hardcore zur musikalischen Einordnung zu kurz, doch "Horizons/West" ist noch einmal anders. Der Vorgänger "Horizons/East" ist ebenso vielseitig, weswegen man bei einer vergleichenden Betrachtung wahnsinnig würde, speziell wenn man einzelne Songs miteinander vergleichen wollte. Vielleicht nur so viel: Während "Horizons/East" noch eher nach Alice In Chains bis Nickelback klingt, oder wie all diese auf Ruhm schielenden gut geföhnten Stadion-Pseudo-Grunge-Bands heißen mögen, die Namen hab ich wohlweislich jetzt vergessen, ist der Neuling in sich selbst und für sich selbst. Ein Epos eben.

Los geht es mit "Blackout", das schon für sich und ohnehin alles neu definiert, Melodie und Arrangements, Tempo- und Stimmungsübergänge und vor allem dieser erste gesangliche Einstieg, da rutscht jedes Sentiment ins Herz und gleichermaßen in den Beckenbereich. "Gnash" hingegen trommelt los, zieht dann ein wenig Noise mit auf den Tanzboden, um schließlich im Hardcore und einem "Darkness-imprisoning-me" - Rhythmus zu kulminieren, winke winke, Metallica.

"Albatross" ist dann eher der Musikantenstadl unter den Songs des Albums, der Vogel kratzt ein wenig am Schmalz, aber auch das ist bei "Thrice" noch weit diesseits von Helene Fischer. Als wüsste die Band, dass sie uns damit ein wenig zu viel Dredg zugemutet haben - auch wenn das krachende Gitarreninterlude dies schon ein wenig konterkariert - liefert uns "Undertow" kurz einen Durchatmer mit Keyboard im Limbus. Aber auch hier darf man sich nicht zu sehr im Schwebezustand ausruhen, die Hook zieht auch hier durch.

"Holding on" bedient dann leider wieder ein ähnliches Gefühl, das man bei "Albatross" hatte, dass man zu sehr auf das melodiöse Einlullen schielt, ein Gefühl, das bei "The Dark Glow" fernbleibt, denn der Song besitzt die Größe und Qualität, dass man ihn in Filmen im Soundtrack benutzen wollte. Opulent genug, um monumentalen Szenen epischer Filme gerecht zu werden, "Dune" käme mir spontan in den Sinn. Mit "Crooked Shadows" liefern Thrice einen direkten Rocker mit Prog-Rock- und Punk-Elementen abz, während "Distant Suns" ein "Neverending-Story"-Gefühl auslöst, ein wenig thricewise in Richtung Disharmonien gedreht mit Double-time-drums.

Man merkt, es schreibt sich gerade einer schwindlig, weil all die Assoziationen und Worte nicht genug sind, zu viel steckt drinnen, zehn bis zwanzig Referenzen pro Song kommen einem in den Sinn, der Rausschmeißer spielt hartes Glockenspiel auf weichen und metallharten Xylophonen und der zehnfache Kensrue erinnert stimmlich an ein buddhistisches Kloster, dann Sphären, Ende und man ist fertig, erschöpft von der Vielschichtigkeit und doch gleichsam beseelt, vor allem der Stimme wegen.

Trackliste

  1. 1. Blackout
  2. 2. Gnash
  3. 3. Albatross
  4. 4. Undertow
  5. 5. Holding On
  6. 6. Dusk
  7. 7. The Dark Glow
  8. 8. Crooked Shadows
  9. 9. Distant Suns
  10. 10. Vesper Light
  11. 11. Unitive/West

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