laut.de-Kritik
Geniale Rhythmen und Melodien unter Klangmüll-Bergen.
Review von Gerd Hauswirth"Standards" nennen Tortoise ihr viertes Album, das sie nach einer ausgiebigen Tournee durch Europa, Amerika, Asien und Australien veröffentlichten. Inspiriert von dieser abgespeckten Weltreise brachten die Musiker, wie man auf der Platte unschwer hören kann, einige Ideen und Musikinstrumente mit zurück in ihr Studio, die auf "Standards" kleine Nebenrollen spielen und einigen Tracks einen Hauch von Exotik verleihen.
Weshalb die fünf Kollegen dem Album diesen Namen gaben kann allerdings nicht schlüssig erklärt werden - fernab von allem bisher da gewesenen ist die Musik alles andere als standardisiert. Unverkennbar ist ebenso der musikalische Hintergrund, aus dem die Bandmitglieder stammen - trotz aller Elektronik ist der Einfluss der Jazzszene unverkennbar. Genauer gesagt des Freejazz, da (für mich) die Harmonie oft durch experimentelle Improvisationssequenzen zerrissen wird, die interessant klingen, die Vollständigkeit und Schliff jedoch vermissen lassen.
Das 44-minütige Album besteht aus einer Mischung aus Instrumentalklängen - seien sie akustisch, elektrisch oder durch den Synthesizer gejagt, und das ganz ohne Vokals. Percussion & Rythm wäre eigentlich der passendere Titel der Platte. Das Erstaunliche am Mix der beiden Schlagzeuger und drei Bassisten bzw. Gitarristen ist die unkonventionelle Unverfrorenheit mit der sie ihre zum Teil genialen Rhythmen und Melodien immer wieder mit Klangmüll massakrieren. Als Ganzes ist "Standards" also eher als ein vielseitiges Experiment von musikalisch hochwertigen Künstlern für ihresgleichen anzusehen, bei dem viel "Goodwill" vom Hörer verlangt wird.
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