laut.de-Kritik
Die Nachtschattengewächse spielen Metal mit Corpsepaint-Anstrich.
Review von Yan VogelDie fünf Elemente in daoistischer Tradition stehen Pate für das Konzept der neuen Platte von Tribulation mit dem sperrigen wie poetischen Titel "Where The Gloom Becomes Sound". Die Übergänge, Wandel von Lebendigen zu nicht ganz so lebendigen Dingen ergeben den pechschwarzen Faden.
Dass das Leben manche Überraschung parat hält, denkt sich Mastermind Jonathan Hultén und verkündet Anfang Dezember seinen Abschied aus der Band. Somit ist "Where The Gloom Becomes Sound" sein Requiem, Abschied, Loslassen, Trauer und Vorfreude auf das, was noch kommt.
Bei all der gottlosen Schinderei auf Erden sind sich die Schweden sicher, dass etwas folgt. Vielleicht wächst man als Kartoffel aus dem Boden und erfreut nach erfolgreicher Schnapsbrennung den Gaumen eines trost- und ziellos wandelnden Menschen. Das Werden und Vergehen spielt sich beim Quartett in irdischen Sphären ab. Die Düsterheimer frönen unverhohlen der Sympathie für die dunklen Seiten der Gattung Mensch.
Da ist die krächzende Stimme von Johannes Andersson, die an Black Metal gemahnt. Dessen Grabes-Grummeln/-Krächzen passt zu doomigen Walzen, den Dark Wave-Elementen und den Gothic-Versatzstücken. Aber im Grunde ihres schwarzen Herzens sind die Schweden eine NWOBHM-Band. Gothic Maiden oder Sisters Of Judas, sucht es euch aus.
Die zweite instrumental gehaltene Hälfte von "Daughter Of The Djinn" oder "Elementals" in Gänze lehnen sich stark an die Phase von Harris, Dickinson, Smith und Co. zwischen "Piece Of Mind" und "Somewhere In Time" an. Böse Zungen attestieren der Band fehlende Eigenständigkeit indem sie klassischen Metal mit Corpsepaint anpinseln.
Die Achtziger-Affinität ist bei den vielseitigen Nachtschattengewächsen somit nicht an eine stilistisch strenge Ausrichtung gebunden, sondern mündet in einen wilden Genre-Mix. Das Songwritig ist betont schlicht gehalten. Wenige Themen flicht Jonathan Hultén in die Songs ein. Die Details betreffen insbesondere spielerische Variationen und soundtechnische Einsprengsel.
"In Remembrance" treibt ein monotoner, tribalartiger Puls wie bei Rushs "Red Sector A" an. Dieser hypnotische Rhythmus-Reigen gipfelt in einem Schockrock Refrain. Die Gruselatmo verstärken Synths und Hörspielsequenzen.
"Hour Of The Wolf" kredenzt einen waschechten Tom Warrior-Grunt zu Beginn. Auch sonst schippert man im leicht vertrackten Track nah an Celtic Frosts "Into The Pandemonium". Kontrapunktisch verzierte Gitarren untermauert ein punkig schnoddriger Bass der Marke Lemmy.
"Leviathans" flirtet mit Nachtmystium, inbesondere mit deren manisch-melodischen Meisterwerken "Then Fires" und "Borrowed Hope And Broken Dreams".
In Sachen Pop-Appeal reicht die Grufti-Truppe nicht an Ghost alias Tobias Forge-Solo heran. Ob dies nun fehlende Hitdichte oder keine Anbiederung an den Mainstream ist, muss jeder für sich entscheiden. Die enorme Detaildichte in Sachen Sound und Atmosphäre ergibt ein eindringliches Schluss-Manifest des Masterminds. Der Weg, den das Quartett mit "Down Below" beschritten hat, endet zunächst. Eine Neuerfindung scheint nicht ausgeschlossen. Quo vadis, Tribulation?
Noch keine Kommentare