laut.de-Kritik
In den düsteren Ecken zeitgenössischer Popmusik.
Review von Sebastian BerlichTricky könnte es so einfach haben. Die meisten seiner ehemaligen Trip Hop-Kollegen ruhen sich heute auf ihren Lorbeeren aus den 90ern aus, veröffentlichen ab und zu mal ein Album, verwalten in erster Linie jedoch ihr eigenes Erbe. Im Gegensatz dazu rafft der 48-Jährige sich beharrlich auf, um frische Platten zu veröffentlichen und sich damit immer wieder angreifbar zu machen. Dabei fuhr Tricky tatsächlich immer wieder gemischte Kritiken ein. Vielleicht ein Grund dafür, wieso er sich für seine aktuelle Veröffentlichung "Skilled Mechanics" hinter einem vorgeschobenen Projekt-Gedanken verschanzt. "Skilled Mechanics" bezeichnet nämlich nicht nur sein neues Album, sondern auch das Kollektiv hinter der Musik.
Behält man jedoch im Kopf, dass Trickys Musik schon immer von der Kollaboration lebte, kann man das guten Gewissens als Ablenkungsmanöver abtun. Den größten Unterschied zu den Vorgängern macht tatsächlich weniger die Besetzung als eine gewisse Reduktion aus, die sich als kleinster gemeinsamer Nenner aller Songs anführen lässt - einer klaren stilistischen Linie folgt "Skilled Mechanics" nämlich nicht.
Schon der Opener "I'm Not Going", dem die Dänin Oh Land ihre Stimme leiht, macht das mit irreführenden Post Punk-Gitarren klar. Im weiteren Verlauf des Albums setzt Tricky im Gegensatz dazu häufig auf minimalistische, elektronische Musik, bei fünf Songs unterstützte ihn sogar DJ Milo, den man noch aus alten Wild Bunch Zeiten kennt.
Trickys frühe Tage sind nicht nur personell, sondern auch textlich präsent. In "Boy" berichtet er über einen düsteren, klackernden Beat recht nüchtern von seiner tristen Kindheit und schafft damit einen der Höhepunkte des Albums. Dazu gehört auch das stampfende "Here My Dear", das den Fokus noch weiter in Richtung Club schiebt, ohne mit der minimalistischen Ausrichtung zu brechen.
Teils erinnert "Skilled Mechanics" dabei an den karg-elektronischen Klangentwurf von James Blake. Dessen Hang zum melancholischen Piano lässt sich sogar in einer äußerst ungewöhnlichen Coverversion wiederfinden: Mit Schlagzeuger Luke Harris am Mikrofon nimmt Tricky sich der Stone Sour-Powerballade "Bother" an, und was bei Corey Taylor ein bisschen pathetisch wirkt, erhält hier plötzlich eine ganz neue, brüchige Strahlkraft.
Dass es auch energischer geht, zeigt "Berlin To Beijing", eine Kollaboration mit der chinesischen Rapperin Ivy. In knapp unter drei Minuten bewegen sich die beiden gegensätzlichen Stimmen über einen enorm rumpeligen Beat und schaffen einen Moment, der aus dem sonstigen Trübsinn klar heraussticht.
So unterschiedlich die einzelnen Songs auch ausfallen, sie finden sich letzten Endes harmonisch auf diesem Album von überschaubarer Laufzeit zusammen. Gerade mal 35 Minuten braucht Tricky, um seine 13 neuen Stücke unterzubringen, da bleibt es natürlich nicht aus, dass manche Tracks einen skizzenhaften Eindruck vermitteln. Doch gerade daraus zieht "Skilled Mechanics" seine Stärke: Der alte "Hero" Tricky unterzieht sich einer Entschlackungskur, bringt verschiedene Stile zusammen und bleibt dabei immer schön kurzweilig.
Das elfte Album des einstigen Trip Hop-Pioniers ist erneut kein Meisterwerk auf Augenhöhe mit "Maxinquaye" geworden, und dennoch lohnt sich die Reise mit dem unermüdlichen Produzenten Tricky in die düsteren Ecken der zeitgenössischen Popmusik.
2 Kommentare mit einer Antwort
Sehr gutes neues Album von Tricky. Gerade die vielen Vocals und die reduzierte Form stehen dem Album ausgezeichnet!
Also ne; das Album ist mit Abstand das ödeste Werk, was Tricky jemals hervorgebracht hat. Kein Song bleibt hängen. Alles wirkt langgezogen, wie der schleimige Speichelauswurf eines 86-jährigen bettlägerigen Mannes mit dem Namen Karl, der mal in der Finanzbuchhaltung gearbeitet hat. Bin super enttäuscht.
was ist denn gegen finanzbuchhaltung zu sagen. so wie du das sagst, könnte man annehmen, du hälst das für was schlechtes.....