laut.de-Kritik
Instrumentalmusik zwischen Tradition und moderner Aneignung.
Review von Martin LeuteBei dem Tsuumi Sound System handelt es sich um ein finnisches Kollektiv, das sich ursprünglich gründet, um die Tanz-Performances der Tsuumi Dance Company musikalisch zu begleiten.
Das achtköpfige Ensemble um Hannu Kella orientiert sich an der traditionellen finnischen Folklore, die es mit vielseitiger Instrumentierung, zahlreichen weltmusikalischen Einflüssen, Jazz und einer Menge Leidenschaft in einen modernen Kontext einbettet. Mit "Hota" hat die Band nun ihr fünftes Album veröffentlicht, das sich aus zwölf Instrumentalkompositionen zusammen setzt.
Gleich zu Beginn machen die Musiker deutlich, dass finnische Musik nichts mit der Schwermut eines Aki Kaurismäki-Films zu tun haben muss. Streicher geben im Opener "Friskis & Svetis" die Melodie vor, Percussions und das Akkordeon treiben den Song voran, ehe Gitarre, Bass und Saxophon eine jazzrockige Note hinzu fügen.
"Casino" gefällt mit einem vom Bass unterlegten Saxophonsolo. Die Lieder leben dabei von innovativen Tempo- und Stimmungswechseln. Dass es auch leiser zugeht, zeigt die von einer wunderbaren Pianolinie geführten "Korento" und "Minuet" oder das sehnsüchtige, von Streichern dominierte "Trullin Ja Hannun Häävalssi".
Der Titeltrack "Hotas" mutet anfänglich mit vertracktem Beat, dumpfem Akkorden und interpretierender Klavierlinie avantgardistisch an, bis die Instrumente im gemeinsamen Spiel eine wunderbare Melodie offenbaren, die in einem furiosen Finale endet.
"Pahna" mit dem schnellen Geigenspiel, das auf einem sich immer wiederholendem Motiv beruht, könnte dem Irish Folk entlehnt sein. Dem folgt wieder ein experimenteller Bruch, mit Bass und instrumental eingesetzter Stimme.
Die Akkordeonnummer "Hässäkkä" würde jedes französische Café erhellen, "Huuma" scheint mit sanften Streichern und Bassbegleitung sachte zu entschweben, unterstützt vom Akkordeon und dem Piano. Das ruhige "Valse Du Caribou" trägt mit einem meditativen Trompetensolo, weich gezupftem Bass zuerst freejazzige Züge und gleitet in eine vielfältig instrumentierte, gefällige Melodie über.
"Meteor" setzt mit unglaublich schnell geschlagenen Gitarrenakkorden ein, das Geigenspiel mutet orientalisch an, die Fähigkeit, Kulturen musikalisch zu vereinen, führt das Ensemble nicht nur hier eindringlich vor.
Der letzte Track "Haave ...", das übersetzt "Wunsch ..." heißt, verabschiedet den Hörer verträumt mit wunderbaren Akkordeonklängen zu weichem Klavierspiel und zurückhaltendem Bass, so dass die finnische Morgensonne leuchtet.
"Hotas" ist ein erfrischendes Album, dass jederzeit auf eine tonale Melodieführung bedacht ist und mit großartigen Dramaturgien die Spannung immer aufrecht erhält. Lebensfreude und Euphorie finden hier ebenso ihren Platz wie Sehnsucht, Stille und Weite. Ein sehr schöner Soundtrack, der das Blickfeld auf die finnische Musiktradition erweitert und das Leben multikulturell präsentiert.
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