laut.de-Kritik

Für alle, die Sonne im Herzen tragen.

Review von

UB 40 gehören zu den Arbeiterbienen im internationalen Musikmarkt. In diesem Jahr stehen sie seit genau dreißig Jahren auf der Bühne und veröffentlichen ihr 24. Album. Alle fünfzehn Monate ein Album und insgesamt über dreihundert (Reggae-)Songs. Da wird es mit der Zeit schwierig, bei jeder Platte Neues zu erschaffen. Ob es ihnen bei "Twenty Four Seven" gelungen ist?

Kann man so oder so sehen: Reggae bleibt nun mal Reggae. Wer das keine siebzehn Tracks lang aushält, sollte lieber die Finger davon lassen. Alle anderen werden jedoch durchaus ihren Spaß haben. Zwar ist der Albumtitel etwas abgelutscht, da er bereits von Tina Turner, den All Saints und Regisseur Bob Hoskins (um nur einige zu nennen) verwendet worden ist. Die Musik ist es allerdings nicht.

Hört man einmal etwas genauer hin, so findet man auf dem Album durchaus den einen oder anderen neuen Ansatz. Großen Anteil daran hat Keyboarder Tony Mullins. Er hatte es wohl satt, weiter im Hintergrund zu arbeiten und bespickt die Songs fast durchweg mit aufregenden Synthesizersounds. Aufregend deswegen, weil der Sound nie derselbe ist. Mal klingt er hart ("Once Around"), mal kann man ihn kaum von Streichern unterscheiden ("This Is How It Is"). Mullins bedient sich nicht an vorgefertigten Sounds, sondern erschafft Eigenes. So etwas kennt man normalerweise höchstens aus der Elektroszene.

Bereits "End Of War" stellt dieses neue "Instrument" ausgiebig vor, von viereinhalb Minuten dauert das Solo knapp anderthalb. Es besteht vor allem aus Effekten und Modulationen. Dazu spielen das Schlagzeug und ein sehr knackiger, nach Hip-Hop klingender Bass. Das groovt, klingt unglaublich "neu" und ist maßgebend für den weiteren Albumverlauf.

Trotzdem hört sich "Twenty Four Seven" immer noch nach UB 40 an. Der im Frühjahr ausgeschiedene Sänger Ali Campbell haucht seinen Gesang wieder übertrieben "süß" in die schwebende Klangkomposition. Dazu kommen die typischen Chorstimmen, die er aber vermutlich wieder alle selber eingesungen hat.

Campbell sorgt - ein letztes Mal - für den melodischen Teil der Musik – also genau den Teil, der UB 40 so sehr vom Durchschnittsreggae abhebt. Was bleibt ist eine warme und gechillte Stimmung, die sich in Form eines entspannten Lächelns im Gesicht des Hörers ausbreitet. Man hört einfach, dass die Band mehr in den Sound investiert hat, als nur einen kursierenden Joint.

Stilistisch unterscheiden sich die Reggae-Tracks kaum. Der Bass sitzt auf der Eins und Drei, die Bassdrum auf der Zwei und Vier. Hin und wieder verzögerte Fill-Ins – Gitarre und Keyboard singen im Hintergrund "hm, daada – da – hm, daada…". Kein Song hat einen richtigen Schluss sondern endet im Fade-Out, ganz so als ob der Reggae ewig weiterlaufen würde.

Die Texte drehen sich um die bekannten Klischees. "End Of War" greift die berühmte Rede vom John F. Kennedy im September 1961 auf. "Oh America" schlägt in die Kerbe von Afghanistan und Irak, und "Instant Radical Change of Perception" mahnt zur radikalen Umstrukturierung des eigenen Denkens.

Zu "I'll Be There" heißt es im Promotiontext der Plattenfirma: "A classic reggae mid tempo love song about always being there for the one you love. Simple and very effective." Schönen Dank – treffender hätte ich es selbst nicht ausdrücken können. Für alle, die Sonne im Herzen tragen.

Trackliste

  1. 1. End Of War
  2. 2. Lost And Found
  3. 3. Dance Until The Morning Light
  4. 4. This Is How It Is
  5. 5. Rainbow Nation
  6. 6. Here We Go Again
  7. 7. I Shot The Sheriff
  8. 8. Oh America!
  9. 9. Once Around
  10. 10. Slow Down
  11. 11. #8217;ll Be Back
  12. 12. Instant Radical Change Of Perception
  13. 13. #8217;s All In The Game
  14. 14. #8217;ll Be There
  15. 15. Middle Of The Night
  16. 16. Securing The Peace
  17. 17. The Road

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2 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    Ali Campbell scheidet aus... das Ende von UB40? Ich glaube schon wer singt denn sonst bei denen auch ist der Wiedererkennungswert deutlich niedriger. UB40 ist vor allem Ali Campbell.

    Hier wird was neues probiert und es wird auch Zeit sogar als eingefleischter UB40 Fan (wie ich einer bin) wurde es immer zäher sich durch die neuen Alben zu kämpfen... Der Album Name ist bei UB40 immer beachtenswert nach all den Labour of Loves Volume 1-1000 ist jeder andere Name eine Revolution.

    Wer von dieser Platte enttäuscht ist vergiesst das UB40 immer nur UB40 sein werden und auch immer so klingen werden das war schon vor 25 Jahren so und ich fürchte mal das der Ausstieg von Campbell daran auch nicht viel ändern wird. Ich für meinen Teil gebe dem Neuen Album eine Chance und höre es mir an so wie ich es bei (fast) allen UB40 Alben auch getan habe vor allem wenn es ja ein tolles neues Keyboard zu bestaunen gibt....

  • Vor 2 Jahren

    Solides Album, auch wenn es seltsam ist, dass sie schon einen Song mit dem neuen Sänger untergebracht haben.