laut.de-Kritik
Anschaulicher Abstecher nach Kreuzberg.
Review von Laura SprengerVerschrammte Synthies läuten das Debüt von Ufo361 ein: Sein Album mit dem tröstlichen Titel "Ihr Seid Nicht Allein" prägt abwechslungsreicher 80er-Sound, den man im Deutschrap nicht alle Tage zu Ohren bekommt. Inhaltlich besticht es mit seiner Authentizität. Die stellt aber gleichzeitig das große Manko dar, denn an thematischer Vielfalt mangelt es merklich.
Dabei fängt es mit dem klassischen Rap-Presenter "U.F.O." vielversprechend an: Der Kreuzberger setzt seine Berliner Schnauze gekonnt in Szene. Ufo kann rappen, daran besteht kein Zweifel. Humor beweist das Hoodrich-Mitglied auch, spätestens wenn die laszive weibliche Stimme im eingespielten Skit stöhnt: "Ich liebe deine Nase." Die avancierte aufgrund ihrer Größe zum Markenzeichen des Rappers.
"Pac", der Name lässt es erahnen, huldigt unterhaltsam dem großen Vorbild Tupac, das Ufo in jungen Jahren zum Rappen animierte und noch heute beeinflusst: "Auch wenn Pac nicht lebt, lebt er weiter durch mich, solange der Takt mich trägt". Die Westcoast hat es Ufo angetan. Mit sympathischer Einzelgänger-Attitüde rappt er über die Keyboard-Schleifen.
In "Kreuzberg 96" nimmt uns der Berliner mit in seinen Heimat-Bezirk und malt ein anschauliches Bild von 361. das konstant schnelle Tempo lässt zum Luftholen kaum Zeit. In Kombination mit Ufos hoher Stimme wird das für den Hörer nach einer Weile aber anstrengend. Dass knapp ein Drittel der Tracks nur knapp zwei Minuten dauern, bedingt zwar inhaltliche Abstriche, bedeutet klanglich aber einen Gewinn.
Nach dem Kreuzberg-Abstecher geht es mit der Zeitmaschine direkt in die 80er Jahre: "Funky" entpuppt sich als Disco pur, das Sample geht ins Ohr, bleibt im Kopf und lädt zum Tanzen ein. Ufos schrilles "Dieser Song ist für die Laaaadys" nervt zwar, mindert das Ohrwurm- und Tanzpotenzial des Tracks aber keineswegs.
Neben besagten Ladys beschäftigt den 26-jährigen vor allem eins: Kiffen. "Ich hab' das beste Weed, die schönste Frau – alles, was ich brauch'". Schön, dass Ufo so einfach zu beglücken ist. Der eingeschränkte Interessenhorizont führt aber dazu, dass sich nach dem gelungenen Einstieg Langeweile breit macht. Da hilft weder die Darth Vader-verzerrte Hook in "Atom" noch der Gastauftritt von Label-Kollege Greeny auf der klischeebeladenen "Hausparty".
"GangaBoi" zusammen mit Rare Attack und Kali Green macht aber allein wegen des Reggae-Beats und der Samples Spaß, zu denen Ufo ausnahmsweise ganz relaxt smootht. Daran dass er "Hip Hop" liebt, lässt er niemanden zweifeln, und wie jeder junge Szenehead, der etwas auf sich hält, hat sich der Berliner in jungen Jahren intensiv mit Sprühen beschäftigt. In "Seit Dem Ersten Tag" zeichnet er diese Vergangenheit anschaulich nach, in der er zwar "nie in der Schule, stattdessen an jeder Wand" präsent war. Trotz gelungener Scratches bietet "Döörty" nicht viel Neues. Kalusha macht "Du Hast Nix" auch nicht spannender.
Bei Namen wie Blut & Kasse und Morlockk Dilemma sind die Erwartungen deutlich höher, doch zumindest BK enttäuscht mit seinem Part auf ganzer Linie. Ufo dachte seinen anschließender Kommentar ("Mieser Part") zwar als Kompliment, das kann aber ruhig wörtlich genommen werden. Morlockks eigenwillige Vortragsweise sorgt für Abwechslung in der Sache, macht den Track aber noch lange nicht zu einem "Brett".
"Ich will was schaffen, doch der Weg is' lang" rappt Ufo anschließend: Ihn zu gehen und dabei einen Blick über den Tellerrand zu werfen, kann dem Berliner nur gut tun. Die starke Fixierung auf seinen Alltag in der geliebten Heimatstadt bringt einen auf Albumlänge trotz aller Sympathie einfach zum Gähnen. Das ist schade, denn an guter Technik und vor allem an Begeisterung mangelt es Ufo nicht.
"Nachtschicht" markiert mit knapp sechs Minuten den längsten Track, der Berliner lässt seinen Erstling ab der Hälfte aber mit Instrumentals ausklingen. Zuvor kündigt er an, auch noch mit 80 Jahren rappen zu wollen. Um dieses Versprechen zu halten, muss er quantitativ definitiv noch eine Schippe drauflegen. Und vielleicht etwas weniger buffen: Erst kürzlich erlitt Ufo einen Lungenkollaps, was beim Rappen nicht unbedingt von Vorteil ist. Wenn er so unermüdlich an sich arbeitet wie bisher, hat Ufo361 aber gute Chancen, mehr als nur ein kurz blinkendes Licht am Rap-Himmel zu werden.
2 Kommentare mit einer Antwort
Sehr sympathischer Kerl, werd auf jeden Fall reinhören.
PS: Ich halte ja eigentlich nix von Blut & Kasse, aber meine Fresse, der Part auf "Brett" ist großartig.
Was hat sich Morlokk nur bei dem feature gedacht!?! Der junge ist meiner Meinung nach relativ whack, auf einer Stufe mit 257ern und Battle Boi Spasti!
Nicht ganz, finde ihn eher komplett langweilig. Aber Morlokk geht manchmal eh seltsame Wege, was Features betrifft.