laut.de-Kritik
Des Ravers Wohnzimmer war und ist der Club.
Review von Martin TenschertBei Connaisseur zu Berlin und Offenbach wird natürlich nicht erst seit Peter Pardeikes großem Hit "Love Supreme" gute, zeitlose Musik veröffentlicht, was an der unermüdlichen Qualitätskontrolle der Herren Flitsch und Henkel liegen dürfte. Auf dem Gebiet des Genusses von ausgefallenen Fleischspezialitäten mag man hier vielleicht nicht unbedingt gleicher Meinung sein, das Leben ist schließlich kein Ponyhof. Hinsichtlich der Vorbereitung und Künstlerakquise für die mittlerweile siebte Auskopplung der "Livingroom Techno"-Serie herrschte aber beiderseits die gewohnte Geschmacks- und Stilsicherheit.
Aril Brikha macht mit Chymera gemeinsame Sache und serviert mit "Nihari" eine aromatische Beerenauslese mit tiefem Bouquet. Nix hier Eiche rustikal, mehr so Vitra Endstufe. Hier bleibt vor allem die schöne Kombination aus progressiver Bassline und melancholischem Lead Synth hängen. Ähnlich feine Sounds liefert auch Lars Von Licht mit "From Arrows", in diesem Fall aber noch garniert mit feinen Soul Vocals und Percussions.
Schnell herrscht die Meinung: Das Living Room darf ruhig metaphorisch gesehen werden, Wohnzimmersession im Ashra Temple mit Räucherstäbchen wären von Grooves solchen Kalibers hoffnungslos überfordert. Aber ein jeder hat sein Wohnzimmer woanders, Betongold hin, Wandtattoo her: Des Ravers Wohnzimmer war und ist ohnehin der Club.
Auch Rancido entfesselt mit "Wasteland" einen treffenden Groove, eingebettet in ein sehr harmonisches Arrangement. Silky Raven und Solaris 100 satteln die 303 und befeuern mit ihr ein vertracktes Stück zwischen Downbeat und Ambient, selbst Krautrock klingt durch. Höchste Musikalität und Einzigartigkeit machen "Stars" zu einem herausragenden Erlebnis.
Trotz der unterschiedlichen Stile und Herangehensweisen mutet diese Compilation fast wie ein Künstleralbum an. Zum Glück geht dies nicht auf Kosten künstlerischer Eigenständigkeit, aber Labelarbeit und Trackselektion ergeben ein schlüssiges Endprodukt, das Peter Pardeike mit "Nero" unprätentiös abrundet. Zum Glück ist er trotz massiven Erfolges noch nicht Nero-gleich dem Wahnsinn verfallen und zündet, Moog spielend, irgendwelche Studios an. Dafür überzeugt der Titel gleichen Namens umso mehr mit seinen magenmassierenden Bässen und knusprigen, aufwändig geschraubten Drums.
Connaisseur bleibt erwartungsgemäß linientreu und zeigt auch mit neuen Künstlern wie Lehar, dass man sich nicht auf bewährtem Erfolg ausruht, sondern auch immer neuen Künstlern eine Plattform geben will. Livingroom Techno leitet in diesem Sinne auch beim siebten Anlauf perfekt über zwischen dem mollig-dunklen Clubleben der Winterzeit und der Hoffnung auf einen fruchtbaren Rave-Frühling.
2 Kommentare
Schöne Zusammenstellung, ideal für die Jahreszeit.
Einmal durchhoeren laesst sich das, mehr aber auch nicht. Allerdings gehe ich auch nicht in den CdV und draussen im Sommer auch nicht, von daher ist das auch nicht ganz mein Interessensgebiet, zu soft.