laut.de-Kritik

Van Halens letzte Hagar-Mission.

Review von

Vor dreißig Jahren veröffentlichten Van Halen mit "Balance" ihr zehntes Studioalbum. Nun liegt es in einer prallen Expanded Edition als Neuauflage vor.

Das Set bietet das remasterte Original, Raritäten, unveröffentlichte Live-Aufnahmen vom Wembley-Stadion 1995 und eine Blu-ray mit restaurierten Musikvideos. Ein Paket, das gleichermaßen Sammler anspricht und Gelegenheit bietet, das letzte Studioalbum mit Sammy Hagar am Mikrofon neu zu entdecken.

"Balance" erschien im Januar 1995, debütierte auf Platz eins der Billboard 200 und markierte den Endpunkt der Hagar-Ära. Musikalisch zeigte sich die Band reifer und weniger verspielt als zuvor. Eddie Van Halen tüftelte verstärkt mit Keyboards und baute komplexere Arrangements, während Hagar in seinen Texten zwischen persönlichen, gesellschaftlichen und spirituellen Themen oszillierte.

Das Cover – zwei siamesische Zwillinge auf einer Wippe in einer postapokalyptischen Ödnis – wirkt ironisch, zeigt aber auch innere Konflikte und Dualität. Der vermeintlich ruhige Zwilling erweist sich als Aggressor, indem er dem anderen an den Haaren zieht. Eine treffende Metapher für die Spannungen zwischen Hagar und den Van Halen-Brüdern.

Die 2023er Remaster geben Gitarren und Drums deutlich mehr Raum. Eddies Soli leuchten klarer, Alex' Schlagzeug knallt druckvoller, besonders in den tiefen Frequenzen. "Balance" wurde damals nicht nur gelobt – vielen fehlte der Good-Time-Metal der Roth-Ära. Doch gerade dort, wo weniger Platz für leichte Hits war, öffnete sich Raum für Experimentierfreude und musikalische Reife.

Der Opener "The Seventh Seal" donnert mit tibetischen Mönchsgesängen und Hagars flehender Zeile "Lord, don't let me drown" kraftvoll ins Album. Danach liefert die Band mit "Can't Stop Lovin' You" einen ihrer größten Hagar-Hits, eine Hook, die bis heute im Ohr bleibt, und ein Solo, das Eddie wie beiläufig raushaut.

"Don't Tell Me (What Love Can Do)" fährt ein massives Gitarrenriff auf, das ebenso gefährlich wie schön wirkt und thematisch den Suizid Kurt Cobains aufgreift. In "Amsterdam" verarbeitet Hagar seine touristischen Erfahrungen, allerdings stießen die Texte über Gras und Rotlichtviertel bei Eddie und Alex auf Widerstand.

"Big Fat Money" zieht das Tempo an, "Strung Out" bleibt ein schräges, perkussives Interlude auf einem verstimmten Konzertflügel. "Not Enough" überrascht mit Toto-Mann Steve Lukather, "Aftershock" donnert solide, "Doin' Time" und "Baluchitherium" führen instrumental durch die letzten Songs, bevor "Take Me Back (Déjà Vu)" und das hymnische "Feelin'" das Album beschließen.

Die Expanded Edition legt noch nach: "Crossing Over", ursprünglich eine B-Seite von "Can't Stop Lovin' You", schwebt mit Rückkopplung und Hall durch Themen wie Tod und Wiedergeburt, erneut mit Cobain als Referenzpunkt. "Humans Being" markiert Hagars letzten Van Halen-Beitrag für den "Twister"-Soundtrack, textlich ein philosophischer Blick aufs Menschsein, während "Respect The Wind" als Instrumental viel zu schade war, nur als Filmsong zu enden. Die Wembley-Aufnahmen von 1995 bringen nicht nur "The Seventh Seal" und "Feelin'", sondern auch Roth-Ära-Klassiker wie "Ain't Talkin' 'Bout Love", "Jump" und das unvermeidliche "You Really Got Me". Mit "Right Now" aus "For Unlawful Carnal Knowledge" zeigt die Band außerdem, dass sie damals auf der Bühne auf dem Zenit stand.

Die Expanded Edition von Balance macht deutlich, warum dieses Album auch drei Jahrzehnte später noch fasziniert. Kein lockeres Party-Rock-Feuerwerk, sondern ein ambitioniertes Werk voller Spannung, Gegensätze und Tiefgang. In modernem Klanggewand, ergänzt durch Raritäten und ein Live-Set, das die Band in Hochform zeigt, wirkt es heute wie eine reife, fast schon unterschätzte Sternstunde im Van Halen-Katalog.

Trackliste

CD 1: Remastered

  1. 1. The Seventh Seal
  2. 2. Can't Stop Lovin' You
  3. 3. Don't Tell Me (What Love Can Do)
  4. 4. Amsterdam
  5. 5. Big Fat Money
  6. 6. Strung Out
  7. 7. Not Enough
  8. 8. Aftershock
  9. 9. Doin' Time
  10. 10. Baluchitherium
  11. 11. Take Me Back (Deja Vu)
  12. 12. Feelin'

CD 2: Remastered / Live

  1. 1. Crossing Over
  2. 2. Humans Being
  3. 3. Respect The Wind
  4. 4. The Seventh Seal (Live At Wembley Stadium, London, England, June 24, 1995)
  5. 5. Feelin' (Live At Wembley Stadium, London, England, June 24, 1995)
  6. 6. Ain't Talkin' 'Bout Love (Live At Wembley Stadium, London, England, June 24, 1995)
  7. 7. Guitar Solo (Live At Wembley Stadium, London, England, June 24, 1995)
  8. 8. You Really Got Me (Live At Wembley Stadium, London, England, June 24, 1995)
  9. 9. When It's Love (Live At Wembley Stadium, London, England, June 24, 1995)
  10. 10. Jump (Live At Wembley Stadium, London, England, June 24, 1995)
  11. 11. Right Now (Live At Wembley Stadium, London, England, June 24, 1995)

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