laut.de-Kritik
Überragende Vertonung des 'Grafen von Monte Christo'.
Review von Michael EdeleNachdem ich kurz vor dem Ausgang des letzten Jahres schon die Ehre hatte, mir sieben Songs von "Christ O" im Roughmix anzuhören, konnte ich es kaum erwarten, die Scheibe nach getaner Arbeit endlich in den Hände zu halten. Dennoch hat sich die Veröffentlichung immer weiter hinaus gezögert, bis der 31. März endgültig als Veröffentlichungsdatum stand.
Nun ist es so weit, das Konzeptalbum, inspiriert vom Roman des Alexandre Dumas, dreht sich in meinen CD-Player. Einmal mehr schallt das schon sehr dramatische Intro durch die Boxen, dichtauf gefolgt von einer eindringlichen Gitarren-/Keyboardmelodie. Relativ hart, und doch gewohnt melodiös präsentiert sich der Opener mit zahlreichen Tempiwechseln am Schlagzeug und einem überragenden Andy Kuntz. Vereinzelt hat der Mann einige Effekte auf seinem Gesang, doch am besten trumpft er auf, wenn er den ganzen Umfang seiner Stimme ausspielt.
Verdammt heavy legt danach auch "Postcard To God" los, das zu Zeiten des Studiobesuchs noch "Prey" hieß. Das hauptsächlich schleppend daher kommende Stück ist sehr düster und melancholisch, weist aber sowohl ein unglaublich gefühlvolles Keyboardsolo, als auch ein entsprechend rasantes Gitarrensolo auf. Überhaupt lässt Gitarrist Stephan Lill hier allgemein ein paar erstklassige Soli ab. Vereinzelt tauchen am Ende des Songs noch ein paar Chöre auf, die extra für das Album im Kaiserslauterer Pfalztheater aufgenommen wurden.
Das folgende "Wish You Were Here" ist auch für mich neu, markiert aber definitiv einen der vielen Glanzpunkte der Scheibe. Während Gitarre und Gesang im ersten Drittel den Ton angeben und die Keys nur abrunden, sieht das im Mittelteil schon wieder ganz anders aus. Beide Instrumente liefern sich tolle Duelle und lassen sich erst von den einsetzenden Vocals wieder einfangen.
Ein weiteres Feuerwerk brennen Vanden Plas mit "Silently" ab, bei dem der Chorus nicht wie gewöhnlich explodiert und eine Steigerung von Strophe und Bridge darstellt, sondern beinahe zaghaft innehalten lässt, leicht untermalt von Streichern und Harfen, nur damit gleich darauf mit voller Wucht der Doubelbass loslegt. Ausgeprägte Soloeskapaden, die nicht mal sonderlich heftig, dafür im Melodiebereich um so interessanter ausfallen, beschließen die Nummer.
Das folgende "Shadow I Am " ist ein relativ straighter Song, dem der verzerrte Bass einen kräftigen Biss verleiht. Nach der gesunden Härte folgt mit "Fireroses Dance" eine absolut geniale Ballade, die von fantastisch arrangierten Streichern unterstützt wird. Die dramatische Steigerung mit den Chören nach der Hälfte der Zeit ist wirklich eine Meisterleistung. Ganz klar, dass sie danach mit "Somewhere Alone In The Dark" wieder deutlich mehr Druck machen. Die Gitarren sind tiefer gestimmt, und einen so modernen Mittelteil ist man von den Kaiserslauterern auch nicht gewohnt.
Die sanftesten Töne überhaupt schlägt dann "January Sun" an. Nur Andys Stimme, Klavier und orchestrale Untermalung. Es ist wohl nicht übertrieben, hier von einem kleinen Musical zu sprechen. Die Spannung, die hier kontinuierlich aufgebaut und über die komplette Länge von zehn Minuten gehalten wird, ist wirklich außergewöhnlich und muss sich hinter Namen wie Dream Theater, Queensryche oder Fates Warning bestimmt nicht verstecken.
Den Abschluss der Konzeptstory bildet das ruhige "Lost In Silence", in dem mich Andy stellenweise fast schon an James LaBrie erinnert. Ein schöner Ausklang für ein überragendes Album, und eigentlich könnte hier auch schon Schluss sein. Als Bonus präsentieren uns Vanden Plas aber noch "Gethsemane" aus "Jesus Christ Superstar", bei dem Andy offiziell als Judas auf der Bühne stand. Das Stück ist natürlich ein wenig umarrangiert und klingt in der Form beinahe wie ein eigener Song der Band.
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