laut.de-Kritik
Hochkaräter des Rap im Game-Soundtrack.
Review von Dani FrommHip Hop und Basketball gehören zusammen wie Ernie und Bert, das war schon immer so und wird auch immer so sein. Es ist also nicht verwunderlich, dass es Hip Hop-Beats sind, die ein NBA-Videospiel untermalen. Da sich in den letzten Jahren zunehmend Hochkaräter in Game-Soundtracks verstecken, erschüttert mich zunächst auch das beachtliche Star-Aufgebot nicht übermäßig; in dieser Branche steckt schließlich gewaltiges Geld. Die Tatsache, dass sämtliche 14 Tracks exklusiv für "2K6 Basketball" produziert wurden, lässt dann allerdings aufhorchen, und ein Line Up, in dem unter anderem RJD2, die Roots und Blackalicious aufgeführt sind, erscheint so doch noch einmal in anderem Licht.
Eingerahmt vom aufwändig und (mit Elektronik, Scratches, Drums und Orgelklängen) in epischer Breite inszenierten "Schoolyard Scrimage Intro" bzw. "Outro" aus RJD2s Beatschmiede, birgt der Soundtrack zu "2K6 Basketball" viel Schönes. Den im Grunde einzigen Kritikpunkt bildet die unglaublich wahllose Zusammenstellung. Es spricht überhaupt nichts dagegen, Acts wie die Roots oder Common, die mittlerweile doch im allgemeinen Bewusstsein angekommen sind, gemeinsam mit Underground-Vertretern vom Schlag Aceyalones (den man ohnehin viel zu selten zu Gehör bekommt) antreten zu lassen. Problematisch wird das erst, wenn die Beiträge in Stil und Atmosphäre so gar nicht zueinander passen wollen wie im vorliegenden Fall.
Lyrics Born präsentiert mit "Big Money Talk" zu einem im Grunde sehr simplen, gitarrigen Beat einen phantastischen Kopfnicker. Im Ernst: Wer hier nicht mindestens mitwippt, muss stocktaub sein. (Kurse für Gebärdensprache gibt es auch an der Volkshochschule in Ihrer Nähe!) Der Track mit pumpenden Bässen, einem erstklassig flowenden Rapper und finster grollenden Hooklines verdient in der Tat das Attribut "electrifying". Vollkommen unverdient stinkt nach dieser Performance ein Redman (obwohl er unbestritten sein Mic beherrscht) komplett ab: "That's Why I'm Here" mit seinem deutlich verhalteneren, von funkigen Basslines geprägten Instrumental hätte in einem anderen Kontext mit Sicherheit keinen derart lauwarmen Eindruck hinterlassen.
Im wahren Wortsinne "Excellent" legen Blackalicious gewohnt hochwertige Arbeit vor: Discolastiger, von Bläsern dominierter Sound verbindet sich mit astreinen Cuts und geschliffenen Raps zu einer echten Hip Hop-Perle. Die Roots sorgen mit "Set 'Em On Fire" für einen der seltenen Momente, in denen ich mich vor Rockgitarren auf die Knie werfen möchte. Dazu prägnante Drums und ein paar höllisch abgehende MCs - weiterer Zutaten bedarf es nicht, um einen der Höhepunkte des Soundtracks zu fabrizieren; weniger ist mehr. Auch groß: Commons "The Movement". Wuppte der Bass nicht derart raumfüllend aus der Box, man könnte glatt anfangen, Kraftwerk-Assoziationen zu hegen. "The Jam" demonstriert eindrucksvoll, dass Jean Grae als einzige Lady am Mikrofon flowtechnisch den Herren nicht nur mühelos das Wasser reichen kann, sondern diese im Notfall auch gnadenlos nass macht.
Ohne dabei hektisch zu wirken, gleitet Aceyalone in durchgehend zügigem Tempo über die frickelige Basis von "Doin' My Job". Aesop Rocks "Junkyard" zeigt das genaue Gegenteil: Vor sich bedrohlich aufbauendem Hintergrund wirkt der leiernde Rap nicht etwa gelangweilt sondern erschafft, ganz im Gegenteil, bizarrerweise immense Spannung. Den einsamen Spitzenreiter in meinen Ohren liefern allerdings Zion I mit "Ride": Eine klagende Violine zu elektronischem Beat lässt die Nerven vibrieren, gesungene Hooks und Rhymes, die einen in Ehrfurcht erstarren lassen, tun das Übrige - ganz großes Kino.
Little Brothers "Carolina Agent" laboriert an einem doch arg un-eingängigen Beat, das Instrumental scheint beständig zu etwas anzusetzen, das letztlich ums Verrecken nicht passieren will. Im "2K6" hätte Skillz' Rap, bei aller Liebe zum Minimalismus, neben dem Bass und der doch recht einfach gestrickten Melodie ruhig ein wenig mehr schmückendes Beiwerk verdient gehabt. Abgesehen davon stimmt eigentlich alles, nur wie gesagt: Die Tracks vertragen sich schlicht nicht, zumindest nicht in dieser Reihenfolge. Brachiales Umschalten von rockigen Riffs ("Set 'Em On Fire") auf treibenden Elektrobeat ("Doin' My Job") und von da in das entschleunigte "Throw It In Ya Grill" der Hieroglyphics (Richtig! Die gibt es auch noch!) lässt leider keinen wirklichen Hörgenuss zu, dafür sind gleich mehrere 180°-Wenden in knapp 50 Minuten einfach zu anstrengend.
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