laut.de-Kritik
Der edle Wilde schwingt den Tomahawk.
Review von Alexander CordasIndianer. Dieser Begriff weckt verschiedenartige Assoziationen. Kleine Jungs schießen gerne mit Pfeil und Bogen, und esoterisch verkappte Freizeit-Apachen träumen schon immer mal davon, mit Winnetou durch die Heide zu reiten.
Letztgenannte Spezies lässt sich gerne mal einen Traumfänger auf den speckigen Oberarm tätowieren, trägt T-Shirts mit Wölfen oder Sitting Bull drauf und verbringt eine Nacht in der Eifel am Lagerfeuer, um original indianisches Wildnis-Feeling einzusaugen.
Musikalische Untermalungen derartiger Happenings gehen mit Basstrommeln samt "Heya heya heya"-Gesangseinlagen einher. Der edle Wilde schwingt den Tomahawk und befördert sich ob dieser geballten Ladung Klischee selbst in die ewigen Jagdgründe. Hugh!
Für all jene, die wissen möchten, was der rote Mann musikalisch aktuell zu sagen hat, dem sei dringend vorliegende Compilation empfohlen. Das Banner Blues darf man indes nicht puristisch interpretieren. Vielmehr macht das And More deutlich, dass hier indianische Musik in ihrer Gesamtheit abgefeiert werden soll.
Die Bandbreite umfasst neben Blues auch Soul, Schweinerock, Bluegrass, eine Prise Reggae sowie Folk und Country und sogar Hip Hop und Swing.
Bei einer drei CDs umfassenden Compilation sollte man meinen, dass sich auch jede Menge Blöd-, Schwach- oder sonstiger Sinn findet. Aber weit gefehlt. Selbst wenn Otto Normalhörer wohl nur von den wenigsten Acts auch nur gehört hat: Die Musiker, die sich hier die Klinke in die Hand geben, gehören zu jenen, die sich ihrer Leidenschaft mit selbiger widmen.
Neben ganz famosen Sängern tummeln sich bei 47 Tracks auch Instrumentalisten der Extraklasse. Bei Indigenous' "Leaving" springt einem Hendrix mit dem Poppes mitten ins Gesicht, wohingegen Derek Miller mit "Shot O' Cocaine" einen affenstarken Drecksaurock à la frühe AC/DC oder Danko Jones abfeiert.
Bei so viel Hochkarätern fragt man sich unwillkürlich, weshalb diese Musiker nicht populärer sind als sie es zu sein scheinen.
Der indianische Background ist der Musik selten anzuhören. Die Texte behandeln meist den Leidensweg der amerikanischen Ureinwohner, erschlagen die Tracks aber nicht mit thematischer Schwere. Es bleibt stets Raum für den guten Song.
Neben den oben erwähnten Brechern funkelt auf dem zweiten Silberling eine Gesangskoryphäe besonders: Star Nayea. Lediglich mit akustischer und elektrifizierter Klampfe untermalt sie ihren voluminösen Power-Gesang, der sich irgendwo schwer kategorisierbar im weiten Feld des Folk ansiedelt - das rockt definitiv!
Auf derlei Hochklarätiges trifft man immer wieder, ob bluesrockig, etwas traditionell und perkussiv angehaucht oder einfach nur als Middle Of The Road-Rock. Und eines haben fast alle Songs gemein: einen erfrischenden Ansatz, an Musik heran zu gehen.
Abseits des musikalischen Aspekts halten die CDs noch jeweils einen Film parat, in dem die Musiker zu Wort kommen und ihren persönlichen Background vorstellen. "Indian Rezervation" - in jedweder Hinsicht erhellend.
3 Kommentare
Ja schau einer an. Das sind also die Dinger, mit denen die Redaktion von Seiten irgendwelcher Promo-Heinis zugeschmissen wird und die auch noch durchs Raster des allvierzehntäglichen Vorcheckings fallen.
Lautuser wurde erhört, er sollte jubeln und sich danach mit dreifachem Kotau vor dem edlen Ritter Alex im Staube wälzen.
Müsste fast mit dem Teufel zugehen, wenn das Boxset nix für mich wäre.
Allerdings -und das sei auch gesagt- gibts daneben noch etwas weniger positive (http://www.metal.de/cdreviews.php4?was=rev…) Reviews. Andererseits: es war auch wieder die einzige dieser Art, die ich gefunden hab.
Alex: mal ohne Seitenhiebe oder ähnliches auf Metal.de, aber schau dir doch bitte mal insbesondere den 3. Abschnitt an und sag vielleicht was aus deiner Sicht zu dem "nervtötenden Höhepunkt...."
Könnte man das auch so sehen? Oder gehts doch eher grob am Tatsächlichen vorbei?
Versteh ich es richtig: Es ist zwar Musik von Indianern / Native Americans (politsch korrekt, höhöhö). - Aber keine "ur-indianische" Musik, sondern eher eine Kopie von neuzeitlich/westlicher Rock/Pop/Blues Mucke?
Schade eigentlich. Denn das man das "origineller" machen könnte (sogar als Nicht-Indianer) haben Mike Patton & Co. 2007 mit "Anonymous" ganz wunderbar bewiesen.
Ich denke eher nicht, daß es eine "Kopie" von neuzeitlicher oder westlicher RockPopBlues-Musik ist. Was heißt in dem Zusammenhang "Kopie"?
Ich halte es generell für ziemlich schwierig, das, was man so gemeinhin als Native American Music bezeichnet, in Sounds von Rock bis Electronic einzubinden, ohne daß im Hintergrund bereits sprungbereit die sattsam bekannten Klischees lauern.
Ich muss mir aber sicher auch selbst erst mal einige Soundproben aus dem Album da oben anhören.
[b:2173d27c96]Alex: Die Suche nach "Various Artists Aaron White (Blue Stone Project) - Heart Beat" ergab kein Ergebnis.
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Sprich: eure kix.de-Soundproben sind in den ewigen Jagdgründen?