laut.de-Kritik
Witt, Schandmaul u.a. huldigen dem Comic-Autor.
Review von Michael EdeleWer sich wenigstens ein bisschen mit der Comic-Kultur abseits von Donald Duck, Clever & Smart und Tim & Struppi auskennt, dem sollte der Name Neil Gaiman immerhin geläufig sein. Seine herausragende Comic-Serie Sandman im weltberühmten DC Verlag hob sich von jeher von den üblichen Helden wie Superman, Batman oder Spiderman deutlich ab.
Allerdings hat sich der Mann seitdem auch als Bestseller-Autor etabliert und spätestens mit seinem 2001er Werk "American Gods" wohl jeden Kritiker überzeugt. Dass er mit seinen düsteren, atmosphärischen, zum Teil auch gern humorvollen Erzählungen, die oft auch in der Welt des Übernatürlichen spielen, besonders in der Schwarzen Szene seine Anhänger gefunden hat, verwundert kaum. Allerdings ist es bemerkenswert, wie viele Kreative in dieser Szene sich von dem Autor und seinen Werken beeinflussen ließen.
"Neil Gaiman - Where's Neil When You Need Him?" vereint nun 17 dieser Künstler auf einer CD. Darunter sind mit Deine Lakaien, Schandmaul, Joachim Witt und Tori Amos auch einige durchaus bekannte Namen vertreten. Allerdings sind es meist die eher unbekannten Bands und Künstler, die oft mit weiblichem Gesang ihre musikalischen Inspirationen offenbaren. Angeregt von Gaimans Bücher, Gedichten, Kurzgeschichten oder was auch immer, kommen hier ein paar wunderschöne Lieder zusammen.
Dem Kinderbuch "Caroline" haben sich mit Rasputina und Rose Berlin gleich zwei Künstler gewidmet, die vollkommen unterschiedliche Emotionen dabei umsetzen. Wirkt die erste Nummer trotz des interessanten Gesangs fast schon verstörend und abstrakt, ist die zweite eine sanfte, warme Ballade. Ebenfalls mit sehr sanften Tönen reihen sich Lunascape mit "Raven Star", Thea Gilmore mit "Even Gods Do" und Hungry Lucy mit "We Won't Go" in die Schar der Musiker ein.
Ein wenig an simple Kindermelodie erinnert Voltaires "Come Sweet Death", und vollkommen spleenig geriet "Mr. Punch" von Future Bible Heroes. Allerdings spricht eigentlich kaum was dagegen, dass sich "The Endless" von Razed In Black, The Crüxshadows "Wake The White Queen" und "When Everyone Forgets" von ThouShaltNot bald zu Tanzflächenfegern entwickeln. Die mir unbekannten Ego Likeness legen mit "You Better Leave The Stars Alone" ebenfalls eine wunderschön verträumte Nummer vor, Azam Alis "The Cold Black Key" steht dem in nichts nach.
Die bekannten Namen schaffen zum Teil Wundersames und Verwirrendes wie Deine Lakaien und Tori Amos, oder typische Schunkelmusik wie man sie eben von Schandmaul gewohnt ist. Joachim Witt versucht sich als Oberschurke "Vandemar" und erschafft eine richtig bedrohliche, düstere Atmosphäre, die die meisten seiner vorherigen musikalischen Ergüsse übertrifft.
Wer sich mit Neil Gaimans Werken schon ein wenig auskennt, sollte sich in vielen der Stücke auf diesem Album wiederfinden. Doch auch diejenigen, die bisher nicht in Kontakt mit diesem großartigen Schriftsteller gekommen sind, werden auf "Where's Neil When You Need Him?" genügen Gelegenheiten zum Träumen und Abschalten finden. Tolle Idee.
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