laut.de-Kritik
Wer sind die Strippenzieher im Rap-Geschäft?
Review von Valerie TimmWer sind die Strippenzieher im mittlerweile milliardenschweren Rap-Musikbusiness? Anhand der Musikmanager Blue Williams (Outkast), Chaka Zulu (Ludacris, Ex-Chingy-Manager), John Monopoly (Kanye West) und Def Jam-A&R Tina Davis beschreibt "The Industrie" die Personen im Hintergrund, die sich für ihre Künstler ins Haifischbecken des Musikbiz begeben.
Von der künstlerischen Freiheit über Distributions-Verhandlungen der CDs, Tourneen, Fernsehauftritte und Interviews bis zu Scheduling der Proben, Autogrammstunden, Essens- und Schlafenszeiten sowie Aftershowparties gibt es vieles auszuhandeln. Selbstverständlich müssen die Manager ihren Künstlern auch Zeit zum Geldausgeben bei Prada, Gucci und Valentino zur Verfügung stellen.
Die DVD, die in der "Hip Hop Speaks"-Reihe von Def-Jam-Gründer und Hip Hop Mogul Russel Simmons erscheint, verfolgt unter anderem das Making Of von Outkasts 2003-er Release von "Speakerboxxx/The Love Below". Erstaunt muss man feststellen, das selbst die schon jahrelang erfolgreichen und am Markt etablierten Outkast um ihre künstlerische Freiheit zu kämpfen haben. Blue Williams hängt dafür dauernd an der Strippe, um die Verantwortlichen an den Hörer zu bekommen. Letztlich zahlt sich Williams' Engagement aus, da Andre 3000 und Big Boi den ersten Grammy als Rapduo für das beste Album 2004 bekommen.
Daneben sieht man die Disturbing Tha Peace-Crew um Rapper Ludacris und Chingy, deren Performance in letzter Minute vor der Show noch einmal umgeschmissen wird. Außerdem eilt die Zeit, da DJ Snow seine CDs (!) im Auto vergessen hat. Manager Chaka Zulu muss gar die letzten Meter zu Fuß um ein paar Häuserblocks zurücklegen. Obwohl Zulu Manager ist, sieht er sich als Mentor, Vorbild und Vater für seine Protegés.
Chicago-Rapper Kanye West erzählt hingegen von seinen schweren Zeiten, als ihn niemand signen wollte. Er bricht eine Lanze für den Hip Hop als Teil des Popgeschäfts. O-Ton Mr. West: "Pop ist das Beste, das einem passieren kann, denn dann wäre man schließlich populär und jeder würde einen kennen." Auch wehrt er sich gegen Schubladendenken - so wurde er nach "All Falls Down" als Conscious Rapper verschrien, nach "Jesus Walk" als Christian Rapper und nach "Workout Plan" als Funny Rapper. Letztlich komme es nur darauf an, gute Musik zu produzieren, dann könne man alles droppen. Die Kraft der Massen und die Melodie sei allein ausschlaggebend. Ganz erstaunt meint er dazu, das selbst "Jesus Walks" in den Clubs gespielt würde.
Hip Hop-Mogul Russel Simmons hat das Schlusswort. Letztlich komme es nur darauf an, nach dem Motto "Keeping it real" zu leben und zu arbeiten. Schließlich würde man bei Def Jam mit Künstlern wie LL Cool J, der schließlich schon 20 Jahre im Rapbiz sei, auf eine längerfristige Karriere sein Augenmerk legen und nicht auf schnellen Erfolg und schnelles Geld.
Durch die Dokumentation führt neben Russel Simmons der legendäre Master of Ceremonies MC Lyte. Leider gibt es keinerlei Sprachauswahl oder Untertitel und auch keine Extras wie Videoclips. Insgesamt gewährt "The Industry" nur einen kurzweiligen und sporadischen Einblick in das Musikbiz, dafür aber einen qualitativ hochwertigen.
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