laut.de-Kritik
Der Gitarrist von Living Colour sprengt seine Grenzen.
Review von Giuliano BenassiVernon Reid scheint in letzter Zeit einen kreativen Schub zu erleben: 2003 veröffentlichte er ein Comeback-Album mit seiner Band Living Colour, nur ein Jahr später ist er trotz ausgiebiger Livetätigkeit wieder unter eigenem Namen am Start. Förderer des Projekts ist Steve Vai, der "Known Unknown" auf seinem Label Favoured Nations veröffentlicht.
Über einen Zeitraum von zwei Jahren aufgenommen, soll das Album die verschiedenen Facetten von Reids Schaffen darstellen; neben den eher harten Tönen, für die er bekannt ist, gehören dazu auch alle möglichen Jazz-Richtungen. Bekanntes und Unbekanntes eben, wenngleich der Opener und Titeltrack mit seinen getragenen Noten eher in die Kategorie Easy Listening gehört.
Mit einer Hammond-Orgel, die dem Spiel Reids folgt, erinnert "The Slouch" an den Hard Rock der früheren Siebziger, besonders an Deep Purple. Erste originelle Töne bringt dagegen Thelonius Monks "Brilliant Corners"; "fractured standards" nennt Reid seinen Zugang zu Coverversionen, den er auch Lee Morgans "Sidewinder" zukommen lässt. Es scheint tatsächlich, dass die Bänder auseinander geschnitten und in anderer Reihenfolge zusammengesetzt wurden. Dass es nicht so ist, bezeugt die Güte der beteiligten Musiker.
Aus der Begleitband Masque sticht vor allem Leon Gruenbaum hervor, der neben Klavier, Orgel und Casio auch ein "Samchillian Tip Tip Tip Chee Peeeee" spielt. Dahinter verbirgt sich ein selbst gebautes Keyboard, das in "Brilliant Corners" und im entspannten "Strange Blessings" zum Einsatz kommt. So exzentrisch der Name, so konventionell der Sound, der dem eines unverzerrten elektrischen Klaviers überraschend ähnelt. Hank Schroeys Bass hat eher eine begleitende Funktion, Marlon Browden wirbelt zwar auf seinem Schlagzeug herum, hält sich aber wie sein Kollege im Hintergrund.
"The Outskirts" bietet einen Surf meets Yngwie Malmsteen meets Klarinette-Sound, bevor es in "Down And Out In Kigali And Freetown" dem Titel gemäß recht chaotisch zugeht. "Voodoo Pimp Stroll" kriegt von DJ Logic einen elektronischen Sound verpasst, "Time" bietet zeitlosen, langsamen Blues-Rock. Zum Schluss flacht das Album mit den letzten drei Stücken eher ab.
"Known Unknown" ist eines jener typischen Projekte, in denen namhafte Musiker ohne Hinderung ihre Grenzen sprengen dürfen. Das Album bietet eine Vielzahl an Genres, wilde Improvisationen und einige gute Ideen. Richtig zusammen passt es zwar nicht, aber stellenweise hört es sich ganz nett an.
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