laut.de-Kritik
Die perfekte Inszenierung einer Zeitreise.
Review von Daniel StraubSo langsam tauchen sie alle wieder auf: Die Bands, die in den frühen 80er Jahren an den Spitzen der Hitparaden zu finden waren. Kajagoogoo haben sich bereits vor einiger Zeit zurückgemeldet, genauso wie Alphaville und Ultravox. Die jüngsten Neuzugänge im Reigen der einstigen New Wave-Größen heißen Men Without Hats, die Anfang des Jahres ein neues Album veröffentlichten, und Visage. Die Formation um den exzentrischen Lead-Sänger Steve Strange hat mit "Hearts And Knives" ebenfalls noch einmal neue Songs eingespielt.
Das Album stellt den vorläufigen Höhepunkt der von Strange initiierten Reunion-Bemühungen dar. Seit 2004 versucht er, den alten Geist und den einstigen Erfolg von Visage noch einmal lebendig werden zu lassen. Jetzt hat er mit dem Ex-Visage Mitglied Steve Barnacle, dem Ex-Ultravox-Gitarrist Robin Simon und Sängerin Lauren Duvall eine Besetzung gefunden, bei der nicht nur der Wille, sondern auch die kreative Energie für eine Neuauflage der ikonenhaft stilisierten New Romantic-Band Visage zusammenkommen.
Die Messlatte für das neue Album liegt hoch genug und bietet reichlich Potenzial, sich peinlich in Szene zu setzen. Schließlich standen Visage mit "Fade To Grey" Anfang 1981 in 21 Ländern an die Spitze der Charts und prägten mit ihrem Sound das, was auf den britischen Inseln New Romantic und hierzulande New Wave genannt wurde.
An dieses Image der frühen 80er Jahre knüpfen Visage ziemlich nahtlos an. Stranges Stimme stellt die Uhr gleich um 30 Jahre zurück, die trancige Melodien von Gitarrist tun ihr übriges. Die Synthie-Bassline des Openers "Never Enough" macht die Zeitreise perfekt.
Als nach wie vor intakt erweist sich nach den ersten Tracks von "Hearts And Knives", zu denen auch die Singleauskopplung "Shameless Fassion" zählt, das Gespür von Steve Strange für den Pop-Moment. Ein ums andere Mal blitzt hier die Brillanz des bis zur Grenze der Verrücktheit exzentrischen Pop-Impressarios auf. Sie machen "Hearts And Knives" zu einem homogenen Reunion-Album, die perfekte Inszenierung einer Zeitreise, die ganz ohne Peinlichkeiten auskommt.
Dennoch kollidiert die Stimmung des Albums immer wieder mit dem Hier und Jetzt. Seinen anachronistischen Charakter kann "Hearts And Knives" nie ablegen, es bleibt ein Fremdkörper, der trotz guter Songs und hervorragender Produktion etwas beziehungslos, zu eindimensional im Raum steht. Wie man das Erbe von Visage heute in Szene setzen kann, haben von ein paar Jahren andere gezeigt: Fischerspooner mit ihrem wilden Musik-Mode-Mix.
2 Kommentare
Hat schon ein bisschen was von "Etikettenschwindel", denn außer Steve Strange ist niemand von der Besetzung dabei, die 80/82 die akzeptablen Alben "Visage" und "The Anvil" herausbrachte. Strange war ja nichts weiter als die "Rampensau" der Band. Die Kreativen im Hintergrund waren Ure, Currie und Egan.
Das never enough Live Video wirkt wie Killing Joke für Arme. Die Lyrics müssen auch abgelesen werden...