laut.de-Kritik

Die Irin hat Zurückhaltung und Niedlichkeit abgelegt.

Review von

Mit dem Erfolg ihres verspielten Debüts "Spoons" (2007) im Rücken tritt die Irin mit ihrem Zweitling nun noch selbstbewusster in Erscheinung. Mit ihrer Band an der Seite hat sie jedwede Zurückhaltung und Niedlichkeit abgelegt und ihren Folkpop mit dominanten Rockelementen angereichert. Das mag auch ihrem Privatleben geschuldet sein, dessen Einschnitte sie musikalisch kompromisslos verarbeitet hat:

"Es ist ein Abbild meines eigenen Lernprozesses der vergangenen zwei Jahre. Es war eine harte Zeit, in der ich viel lernte über Liebe, Wut, Sex, Tod, Glaube und Beziehungen, in den Worten von 'To My Bones': 'All of these things have made me.'"

Sowohl "Can Opener" als auch "Travelling Bird" geben mit überraschend treibendem Funkrock und üppiger Klangfläche aus Schlagzeug, Gitarren und Bläsern trotzig die Richtung vor, die Wallis Bird mit ihrem expressivem Gesang irgendwo zwischen Melissa Etheridge, Alannah Myles und Ani DiFranco energetisch mitgeht. Diese energetische, rastlose Unbändigkeit erreicht schließlich mit dem starken Synthie/Gitarren-Rocker "LaLaLand" seinen großartigen Höhepunkt Die Instrumental-Intermezzi und Brüche tragen hier nicht zum letzten Mal sympathische Züge einer Improvisation.

Das Werk unterwirft sich auch im weiteren Verlauf keinem Trend und besticht mit einer instrumentalen Virtuosität, die die Band lustvoll und flächig ausspielt. In dieser Hinsicht kann man Wallis Birds technisch famos inszenierter Bodenständigkeit durchaus eine popmusikalische Frische attestieren, die sie mit Kolleginnen wie KT Tunstall teilt.

Dass sie sich stilistisch keine Grenzen setzt, untermauert sie mit ihrer Hinwendung zu radiotauglichen Pophymnen ("To My Bones", "An Idea About Mary" "When We Kiss", The World Fell In Love!"), dem Abstecher in den traditionellen akustischen Folk ("Meal Of Convenience") oder dem zum Harmonium und Pianotupfern trunken hüpfendem "Berlin". Daneben offenbart sie mit "Made Of Sugar", "Measuring Cities", "Your Mourning Dream" auch ihre Qualitäten als gefühlvolle Songwriterin, die sich mit solchen intimen Momenten in der Nähe einer Kat Frankie verorten lässt. Zudem lockt die limitierte Auflage dieses Werk mit zusätzlichen fünf Live- und Akustikversionen ihrer Songs, die Bird als brillante Bühnen-Performerin ausweisen.

Mit "New Boots" überzeugt das irische Energiebündel erneut als unkonventionelle Gitarristin, als großartige Sängerin und ungestüme Arrangeurin, die es versteht, ihre Emotionen bunt, aber manchmal zu penetrant einzukleiden. Ihren Hang zur ohrgängigen Melodik des Pop bringt sie mit ihrer Affinität zur Dynamik des Rock eigenwillig in Einklang.

Man muss die stilistischen Sprünge und die Wechsel von der euphorischen zur verhaltenen Instrumentierung natürlich als kreative Vielseitigkeit auslegen. Man darf aber auch die Inkonsistenz zu Kenntnis nehmen, die daraus resultiert, alle Fähigkeiten in elf Songs bündeln zu wollen, um eine möglichst breite Hörerschaft zu erreichen.

Nichtsdestotrotz handelt es sich bei "New Boots" um ein gelungenes und jederzeit spannungsreiches Album, das an mancher Stelle die Tiefe und eigentliche Essenz dieser begabten Musikerin hinter dieser überbordenden Spielfreude fast verbirgt.

Trackliste

  1. 1. Can Opener
  2. 2. Travelling Bird
  3. 3. To My Bones
  4. 4. Meal Of Convenience
  5. 5. Made Of Sugar
  6. 6. An Idea About Mary
  7. 7. When We Kissed, The World Fell In Love!
  8. 8. LaLaLand
  9. 9. Berlin
  10. 10. Measuring Cities
  11. 11. Your Mourning Dream
  12. 12. Your Daddy (Live Version)
  13. 13. LaLaLand (Acoustic Version)
  14. 14. An Idea about Mary (Acoustic Piano Version)
  15. 15. Measuring Cities (Live Version)
  16. 16. To My Bones (Live Version)

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