laut.de-Kritik
Garage Rock, Disco, Engtanz: Hauptsache gute Laune.
Review von Sven KabelitzWargirl ist eine von diesen Bands, die in keine Schublade so recht passen wollen, daher sortieren wir sie mal in die Schublade der Bands ein, die in keine Schublade so recht passen wollen. In eine der vollsten.
Auf der Basis von Garage Rock würfeln sie alles zusammen, was an ihrem Proberaum vorbei kommt und nicht schnell genug die Beine in die Hand nimmt. Funk, Post-Punk, Afrobeat, Soul, Psychedelia, Reggae und jede Menge gute Laune - alles dabei. Skiffle und Industrial konnten jedoch schnell genug Reißaus nehmen. Das Resultat nennen sie dann World Garage Rock.
Vor zwei Jahren erschien das Debüt der Band, die sich in Long Beach um Musikproduzent und Gitarrist Matt Wignall (Cold War Kids, Mando Diao, The Black Keyes) versammelte. Samantha Parks, die Tochter von James Lafayette Parks (Bull & The Matadors), steht am Mikro im Mittelpunkt der ungewöhnlichen Formation. Hinzu kommen Tamara Raye (Bass), Enya Preston (Keyboard) und die zwei Perkussionisten Erick Diego Nieto und Jeff Suri.
"Dancing Gold" orientiert sich noch stark an den Wegen, die der Vorgänger bestritt, findet jedoch auch eigene Schattierungen. Wie von allein fließen die unterschiedlichen Einflüsse ineinander. Nur im Songwriting zeigen sich hier und da kleine Schwächen, klingen die Songs zu sehr nach bereits bekannten Liedern. Das begann bereits auf dem Vorgänger mit "Mess Around", das stark nach "Talking In Your Sleep" von den Romantics klang. Das zieht sich auch durch das neue Werk und geschieht so häufig, dass man kaum noch von einem Zufall sprechen kann.
Zum Beispiel schießt beim Titeltrack sofort "Seven Nation Army" von den White Stripes durch den Kopf. Zum Glück schaffen es Wargirl trotzdem immer noch, einen eigenen Kniff ins Spiel zu bringen. Ab der Bridge nimmt das verschwitzt voran walzende Stück jede Menge Funk und Disco mit an Bord. Das ansteckende "Hang On" verfügt mit seinen flimmernden Synthesizern über eine gehörige Portion Blondie-New Wave.
Wie in "Pretend" spielt sich die von Bassistin Raye vorangetriebene Rhythmusgruppe immer wieder ins Rampenlicht. Ihren Siedepunkt erreichen Wargirl jedoch, sobald sie sich im beeindruckenden "Echoes" mit psychedelischen Orgeln, Bläsern und Afrobeat am weitesten vom Garage Rock entfernen, und Sängerin Parks den letzten Link zu gängigen Hörgewohnheiten bietet.
Das trotzig stampfende "Whatcha Say" stellt sich als reduzierte, eigenständigere Version des Titeltracks heraus. Das herrlich kitschige 1980er Liebeslied "Cry" tanzt zum Abschluss im Engtanz komplett aus der Reihe. Wie der Soundtrack eines unveröffentlichten Tom-Cruise-Films ("Top Gun", "Cocktail"), inklusive "I don't wanna cry"-Refrain und jeder Menge "Shoop shoop shoop". Mein lieber Schieber!
Über die ganze Spielzeit von "Dancing Gold" klingt das muntere Genregemisch von Wargirl kraftvoll und frei. Sie sind so lebensbejahend, dass sie selbst dem röchelnd im Staub liegenden Garage Rock wieder Spaß beibringen. Das will was heißen.
1 Kommentar
Eine tolle Band. Auch außerhalb vom Ami-Rap gibt es tolle Musik!