laut.de-Kritik
Der würdige Schlussakkord einer großen Karriere.
Review von Manuel Berger"Shadow Work" war vermutlich eines der am sorgfältigsten vorbereiteten Projekte in Warrel Danes Karriere. Erste Ideen dazu liegen Jahre zurück. Im Dezember 2017 hatte der ehemalige Nevermore- und Sanctuary-Sänger die Arbeiten an seinem zweiten Soloalbum fast abgeschlossen, bevor er überraschend verstarb. Gut 40 Minuten Material restaurierte seine Band nun mit vorhandenen Gesangsspuren aus Studio- und Demosessions."Shadow Work" umfasst damit zwar nur etwa die Hälfte der ursprünglich angedachten 80 Minuten. Trotzdem funktioniert es als würdiges Vermächtnis einer Metal-Ikone.
Befürchtungen, bei dem posthum finalisierten Werk bräuchte es viel Fantasie, um Danes ursprüngliche Vision zu erkennen, zerschlagen sich zum Glück augenblicklich. Die sieben Songs (plus Intro) sind tatsächlich fertige Songs und keine notdürftig zusammengeflickten Fragmente. Gleiches gilt für die Vocalparts. Man vermisst weder komplexe Melodien, mehrstimmige Parts noch abwechslungsreichen Gestus.
"Shadow Work" erinnert in Komposition und Stimmung stark an Nevermore, die anspruchsvollen Riffs wären eines Jeff Loomis durchaus würdig. Passend dazu dominiert im Gesang Danes berühmte, dramatisch gotische Midrange. Doch schon im Opener "Madame Satan" demonstriert er seine Bandbreite: Den Refrain doppelt er mit hohem Falsett, was Fans früher Werke freuen wird, streut aber überraschenderweise auch Growls ein. In viereinhalb Minuten bekommt man so einen recht guten Überblick über die Fähigkeiten des Sängers, die er sich trotz gesundheitlichen Auf und Abs während seiner Karriere bis zuletzt bewahrte.
Einige der Parts zählen in Ausdruck und Variabilität wohl zu den stärksten seines gesamten Schaffens. Highlights sind die Wechsel von rauem Schnarren zu Klagegesang in "As Fast As The Others", die angesprochene Höllenfahrt "Madame Satan" und die verzweifelten Brüche im Abschlussepos "Mother Is The Word For God". Unterschiede in Stimmqualität und Originalität der Melodielinien bestehen trotzdem von Track zu Track, was der Finalisierung des Albums geschuldet sein dürfte. So klingen der Titelsong und das The Cure-Cover "The Hanging Garden" gesanglich flacher. Dafür überzeugt letzteres mit interessantem instrumentalen Ansatz. Blastbeats pflügen bei Dane den Death/Thrash-Garten um.
Eine Krux des Albums bleiben die Instrumental-Spuren. Gitarrist Johnny Moraes und seine Kollegen feiern eine Sweep-Picking-Orgie nach der anderen. Das beeindruckt zum Einstieg in "Madame Satan" und fügt sich mit Schlagzeug und groovender Rhythmusgitarre zu einem düster-atmosphärischen Klangteppich. Auf Dauer funktioniert dieses Prinzip aber nur, solange Dane die vielen Noten mit griffigen Gesangsmelodien bändigt. Fallen die Vocals über solchen Passagen weg, ist der Wiedererkennungswert gleich Null. Vor allem in Solopassagen wünscht man sich mehr melodische Identifikation, wie sie etwa in "Rain" kurz aufblitzen.
Die Momente, in denen diese Kritikpunkte wirklich ins Gewicht fallen, sind aber rar gesät. Gerade wenn sich die Kräfte in "Mother Is The Word For God" bündeln - melodisch, gesanglich, kompositorisch und lyrisch (Danes emotionale Metaphernstilistik) - wird "Shadow Work" zu dem, was sich wohl viele von dem Album erhofft haben: das berühmte 'end on a high note'. Schade, dass die zweite Hälfte des Werks wohl niemals in vom Urheber angedachter Form erscheinen wird. Wir werden dich vermissen, Warrel.
4 Kommentare
Tolle Rezension!
Trifft zu wirklich 100 % meinen Eindruck. Die Band macht einen richtig guten Job und ich habe unheimlichen Respekt davor, dass sie das Projekt zu Ende gebracht haben - sie sind halt nur keine zweiten Nevermore, und das merkt man.
RIP Warrel!
Ein fantastisches Album.. hätte ich so nicht mehr erwartet. Die Soli sind der Hammer! Der Gesang von Warrel einfach geil! Schade, dass er nicht mehr da ist.
OMG - ich heul gleich los ...
Was für ein Paukenschlag zum Abschied!