laut.de-Kritik
Südstaatenrock mit Saxophon, Orgel und Reggae-Einlagen.
Review von Giuliano BenassiAls Gitarrist der Allman Brothers Band und seines eigenen Projektes Gov't Mule könnte man meinen, dass Warren Hayens einigermaßen ausgelastet wäre. Weit verfehlt. Da der gewichtige Mann aus Arkansas offenbar nichts anderes tut, als an seiner Gibson rumzufummeln, hat er 2011 seine zweite Platte unter eigenem Namen mit dem durchaus passenden Titel "Man In Motion" herausgebracht und ist damit auf Tour gegangen.
Die vorliegende Doppel-CD, am 3. November 2011 in Austin, Texas aufgenommen, legt das Zeugnis eines Musikers mit Leib und viel Seele ab, in dessen Adern nicht nur Südstaatenrock, sondern auch Reggae und Rhythm and Blues fließen.
Haynes' raue, hohe Stimme erinnert entfernt an die Joe Cockers. Nicht weiter verwunderlich also, dass er beim traditionellen Weihnachtskonzert seiner Gov't Mule wenige Wochen später dessen Album "Mad Dogs And Englishmen" in voller Länge dargeboten hat. Doch während der in die Jahre gekommene Brite nur noch auf kuscheliger Best Of-Tour ist, bleibt Haynes immer für eine Überraschung gut.
Interessant an der Tracklist ist nämlich, dass er auf Gassenhauer fast gänzlich verzichtet. Allman Brothers? Fehlanzeige. Stattdessen kommt "Man In Motion" bis auf ein Stück komplett zum Zuge. Als Gitarrenfetischist muss natürlich auch Jimi Hendrix mit dabei sein ("Spanish Castle Magic"), eher untypisch dagegen die mit Soli gespickte Darbietung von Steely Dans "Pretzel Logic" und Sam Cookes "A Change Is Gonna Come". Dass Haynes die Scheuklappen recht offen trägt sich auch daran, dass er "Dreaming The Same Dream" mit Ziggy Marley geschrieben hat.
Was er spielt, ist aber nicht so wichtig, denn seine Begleitung würde selbst aus dem neuen Madonna-Album noch etwas Hörbares machen. Die Rhythmusgruppe sorgt für den notwendigen Druck, auf dem sich Nigel Hall an den Keyboards und Ron Holloway am Saxophon zu Höchstleistungen reißen lassen. Alecia Chakour als Hintergrundsängerin sorgt für ein wohltuendes weibliches Gegenstück zur Stimme Haynes', der mit seiner Gitarre natürlich im Mittelpunkt steht und weniger als Technikfreak als mit seinen gefühlvollen und abwechslungsreichen Licks auffällt.
Eine Liveplatte, an der es nichts auszusetzen gibt – vorausgesetzt, man kann mit der Musikrichtung etwas anfangen. Wem die zwei prall gefüllten CDs mit sehr guter Tonqualität nicht reichen, kann sich das Ganze auch auf mit Bildern auf der beigefügten DVD reinziehen.
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