laut.de-Kritik
Erstaunlich starker Hardrock mit unverwechselbarer Stimme.
Review von Giuliano BenassiLang ist's her, dass David Coverdale nach dem vorläufigen Ende von Deep Purple seine Solokarriere startete. 1977 war das, mit dem Album "White Snake". Fast genau so lang ist's her, dass David Coverdale eine überzeugende Studioarbeit vorlegte. 1987 war das, mit dem Klassiker, der nach der Jahreszahl benannt war. Das zwei Jahre jüngere "Slip Of The Tongue" sei ausgeklammert, da die Glanzpunkte im Wesentlichen von Steve Vai stammten.
Danach schien der Egomane mit der kräftigen Stimme gefangen in einem Malstrom aus Best-Of, Abschiedstour und Live-Album bzw. -DVD. So grenzt es fast an ein Wunder, dass er sich mit der vorliegenden Scheibe noch einmal ins Studio gewagt hat. Noch überraschender: Es handelt sich keineswegs um ein müdes Alterswerk.
Der Opener "Best Years" weist den Weg: Einprägsamer Riff, energische Rhythmusgruppe und eine Stimme, die zwar nicht mehr die frischeste ist, dennoch unverwechselbar klingt. Heute wie damals darf das Keyboard nicht fehlen, doch hält es sich dezent zurück und unterstreicht eher, als dass es wuchert. Hart rockender Blues, wie ihn Whitesnake in ihrer erfolgreichsten Phase Mitte der 80er Jahre praktizierten.
Ob es sich um eine Rückkehr zu den Wurzeln oder eher um den positiven Einfluss von Gitarrist Doug Aldrich handelt, sei dahin gestellt. Fest steht, dass auch "Can You Hear The Wind Blow" und "Call On Me" in dieselbe Bresche hauen und eine solide Grundlage bilden, die den Rest des Albums trägt.
Von den zu schnulzig geratenen Quotenballaden "All I Want All I Need", "Summer Rain" und "'Til The End Of Time" abgesehen, nähern sich gleich mehrere Stücke den Klassikern der Vergangenheit. Etwa der Titeltrack, "Lay Down Your Love" (das zu Beginn an "Black Dog" von Led Zeppelin erinnert, danach eher an Bon Jovi) und "Got What You Need" (dessen Riff von AC/DCs "Let There Be Rock" – sagen wir mal – inspiriert ist).
"Sollte es sich um das letzte Studioalbum von Whitesnake handeln, wäre ich glücklich, dass es auf diese Weise zu Ende geht. Es ist viel Liebe in die Platte geflossen, sie aufzunehmen war die reinste Freude. Ich höre sie nach wie vor gerne an. Sie kann also nicht schlecht sein!", lobt sich Coverdale in einer Pressemitteilung selbst. Wir klopfen mit auf die Schultern, wobei "nicht schlecht" kaum in absolutem Sinne, sondern im Vergleich zum Output der letzten 20 Jahre zu verstehen ist.
Ob es sich tatsächlich um die letzte Platte handelt, wird sich zeigen. Zunächst stehen jedoch Tour (im Doppelpack mit Def Leppard) und sicherlich eine Live-CD/-DVD an. Für eine Best-Of reicht's dann wahrscheinlich auch noch.
11 Kommentare
Ich hätte es bis vor kurzem nicht erwartet, noch einmal ernsthaft frisches und neues material aus dem hause whitesnake zu ohren zu bekommen.
david coverdale hat allerdings ein wahrhaft goldenes händchen bewiesen, als er 2004 den aktuellen leadgitarristen und co-writer und -producer doug aldrich mit ins boot holte.
Dieser ist - obwohl deutlich jünger als coverdale- auch schon ein alter hardrockhase (kennt noch jemand die „house of lords“-truppe?) und sowohl bei der letzten whitesnake-live-präsenz 2006 ( shadow of the blues, in the still of the night) als auch bei ronnie james dios triumphalen wiederauferstehungsgigs (evil or divine, holy diver live) der entscheidende baustein, der die fanscharen wieder ins boot holte.
Entsprechend erweist der mann sich als echte frischzellenkur für die marke whitesnake.
Erfreulicherweise fällt die produktion hier nämlich modern und druckvoll aus, ohne den fehler zu begehen, unnötige und uninspirierte modernismen zu verwenden, an denen so ein urviech zwangläufig scheitern würde.
Schon im opener „best years“ wird man mit wuchtigstem stromgitarrensound umgehauen, der eher metallisch denn hardrockend in den gehörgang dringt.
Es fällt ohnehin auf, das bei den meisten tracks das instrumentale gerüst so offensiv druckvoll erbaut ist, so sehr gen metal tendiert, wie es noch bei keiner whitesnakeplatte der fall war.
Aldrich und dem rest der truppe hört man den spaß am einspielen der songs an. Die arrangements sind komplexer als früher. die soli klingen spielfreudig, jedoch zu keinem zeitpunkt verspielt oder gar anachronistisch und kitschig.
Coverdale scheint an seiner stimmlichen präsenz nicht unerheblich gearbeitet zu haben. Sein volumen erreicht wieder die alte form, welche er vor 10 jahren schon verloren zu haben schien. Er war ja schon immer ein sänger, dem man den derben shouter (here i go again) wie auch den sensiblen schmachter (soldier of fortune) gleichermaßen abgekauft hat.
Letztere sanfte seite kommt mit 3 von 11 songs sicherlich nicht zu kurz., wobei das finale stück „til the end of time“ für mich den kompositorischen höhepunkt bedeutet. So ein sensibles americana-stück hat man von dem briten coverdale bis dato nicht vernommen. Hier zeigt sich natürlich der einfluß des kaliforniers aldrich.
Kompositorisch sind whitesnake hier nun an einem level angelangt, der - befreit vom druck, etwas beweisen zu müssen – souverän die eigenen stärken auszuspielen vermag.
Mit „all for love“ findet sich auch wieder eine typische hymne im stile von „here i go again“ auf der scheibe.
Cock rock ? ja klar, aber eben keine eigenkarikatur!
80ies hair-metal-flair? Natürlich, aber kein altbackenes selbstzitat!
würde die alte „phönix aus der asche“ – parole hier das phrasenschwein mästen?
Nicht für jene, welche die platte hören und dem musikstil nicht per se ablehnend gegenüberstehen.
Ich für meinen teil mag die platte sehr und freue mich auf eine hoffentlich anstehende tour.
Was meint Ihr?
Hoi,
ich kenne die Scheibe (noch) nicht vom eigenen Anhören, aber deine Rezension macht Lust darauf. Übrigens gut geschrieben - thx für den Beitrag.
Gruß: T.
ist da auch noch so ein hammer drauf wie here i go again oder crying in the rain?
mann, das ist lang her wo ich mir die gegeben habe, aber könnte sein dass ich mal wieder reinhöre
@Fireball (« Wie schon in der PM erwähnt, Anwalt. Ich muß mir das Teil erst noch zulegen. Dann kann ich mir ein endgültiges Urteil bilden.
DCs Truppe ist schon vom Feinsten. Die Spielfreude hat man schon auf der Live -DVD gesehen, nur des Meisters Stimme...
Nachdem er sich nach der 1987-Tour, als er wie Plant klingen wollte, ziemlich die Stimme ruiniert hat, kam er stimmlich nie wieder an seine besten Jahre heran. Auf einer Studioveröffentlichung kann man das kaschieren, auf einer Live CD/DVD auch gerade noch, obwohl es da schon schwerer ist (siehe "Still Of the Night".
Aber nichts desto trotz ist DC immer noch eine Hausnummer, der trotz leicht brüchig gewordener Stimme einen Großteil seiner rockenden Konkurrenz noch locker an die Wand singt. »):
...
Ja , jetzt habe ich es auch bemerkt. Wenn 2 Freds mit dem gleichen Thema hier bestehen, kann man ja nur durcheinander kommen.
Man dankt, VT.
bidde