laut.de-Kritik
Dreckig, brutal und hoffnungslos.
Review von Toni HennigAuf der "De Doden Hebben Het Goed"-Trilogie widmeten sich Wiegedood noch atmosphärischen Black Metal-Klängen mit untergeordnetem Melodie-Einsatz. "There's Always Blood At The End Of The Road" stellt nun "eine dunkle Wendung zu etwas Unerwartetem und Unerwünschtem" und somit eine "radikale Abkehr von" ihrem "bisherigen Schaffen dar", wie die Belgier selbst sagen: "'There's Always Blood At The End Of The Road' befasst sich mit den dreckigsten und ekelhaftesten Aspekten der menschlichen Natur und Gesellschaft."
Ein Entrinnen gibt es nicht, wie schon der nach einem Sturmgewehr belgischer Herstellung benannte Opener "FN SCAR 16" mit seinem Dauerfeuer aus rasanten Blastbeats, wirbelnden Tremolo-Gitarren und misslaunigem Keifgesang beweist. Rasant gestalten sich auch die ersten Minuten von "And In Old Salamano's Room, The Dog Whimpered Softly". In der Mitte nehmen Gilles Demolder (Gitarre), Wim Coppers (Drums) und Levy Seynaeve (Gitarre, Gesang) das Fuß vom Gaspedal, was jedoch keineswegs für Beruhigung sorgt, sondern die menschenfeindliche Atmosphäre nur weiter intensiviert. Da hätte es das nur schwer zu ertragende Gewimmer am Ende gar nicht gebraucht. Man hat es nämlich auch ohne diesen Anflug überstrapazierter Effekthascherei schon längst mit einem vertonten Gaspar Noé-Film zu tun.
"Noblesse Oblige / Richesse Oblige" lebt mehr von dissonanten Gitarren-Strukturen zu akzentuierender Doublebass, offenbart nach hinten heraus aber auch melodische Qualitäten. Von Milde kann allerdings nicht die Rede sein, wenn sich Seynaeve zunächst seiner ganzen Wut entledigt, nur um sich danach in Verzweiflung zu stürzen. "Until It Is Not" erinnert mit schnurgeraden Drums und Saitensounds an Burzums "Jesus' Tod". Jedoch kommt der Track aufgrund der brutalen Stimmführung um Einiges bösartiger daher. Zum Schluss entwickelt sich die Nummer durch das melodiöse Saitenspiel mehr in eine erhabene Richtung.
"Now Will Always Be" setzt mit hin- und herpendelnden Gitarren und beschwörendem Obertongesang eher auf bedachtsame Spannungsmomente, trotz der gnadenlos durchknüppelnden Doublebass. Gegen Mitte drosseln Wiegedood das Tempo und schaffen somit Raum für wogende Stimmungen und zuversichtliche Gesangsmomente. Brachiale Gitarrenfeedbacks, die nahtlos in das von verstörenden Akustikklängen durchzogene Instrumental "Wade" übergehen, lassen die Hoffnung jedoch wieder schnell verfliegen.
Anschließend krachen in "Nuages" Doublebass-Attacken, dissonante, wirbelnde Saitentöne und die heisere Stimme Seynaeves unvermittelt auf den Hörer ein. Ab der Mitte erzeugen schließlich tiefe Gitarren in Slow Motion und gequälte Geräusche so eine dreckige, abgrundtief fiese Atmosphäre, dass man sich gar nicht vorstellen möchte, welcher Film hier gerade abläuft.
Hat man das durchgestanden, wartet in "Theft And Begging" schon der nächste schonungslose Doublebass-Anschlag. Dabei droht der Song mit sich umspielenden Gitarren, verzweifeltem Gesang und geschickt platzierten, chaotischen Soli beinahe aus allen Nähten zu platzen. Das abschließende "Carousel" kreist um ein bestimmtes Grundriff, während der Obertongesang eine nervöse Spannung erzeugt. Die kippt am Ende ins absolut Niederschmetternde, wenn man durch Mark und Bein gehende Kreischattacken vernimmt.
Letzten Endes bildet die Musik auf diesem Werk, die man laut Wiegedood dieses Jahr auf europäischen Bühnen "laut und schmerzhaft" erleben kann, sofern es Corona zulässt, eine geradezu körperliche Erfahrung. Die Belgier kommen mit beiden Beinen im kompromisslosen Extreme Metal an und setzen sich zugleich eindrucksvoll an die Spitze des Genres.
3 Kommentare
meisterwerk!
Grandios!
geil.