laut.de-Kritik
Die Berliner bannen Jam-Session-Charakter auf CD.
Review von Dani FrommDie Mäkelei vorab: Den Innovationspreis werden Wood In Di Fire mit "Off The Hook" wohl nicht gewinnen. Die Herren aus Berlin erfinden hier weder das Rad neu, noch verblüffen sie mit besonders originellen musikalischen Einfällen. Ihr Strickmuster ist über weite Teile des Albums hinweg das gleiche: sie verpassen Jazz-Klassikern einen jamaikanischer Anstrich, langsame Reggae-Rhythmen bilden dann den Rahmen, in dem sich einzelne Bandmitglieder austoben. Dabei kommen mit schöner Regelmäßigkeit die Saxophone und Gitarren zum Zug, gelegentlich aber auch (wie im von einer groovenden Basslinie zusammengehaltenen "Out Of The Night", ursprünglich von Joe Henderson) die Posaune oder das Schlagzeug. Überraschungen sind weitgehend ausgeschlossen.
Das schadet aber nicht viel, wenn das Ergebnis derart unaufgeregt ausfällt wie im Fall von "Off The Hook". Wood In Di Fire bannen Jam-Session-Charakter auf CD. Das dargebotene musikalische Handwerk ist mehr als ordentlich, besonders die Bläser machen sich hervorragend. Am Bassisten scheint in der Tat ein Jazzer verloren gegangen zu sein; der Basslauf aus dem (der Name legt es nahe) afrikanisch anmutenden "Ghana" passt, wie übrigens auch das Drum-Solo, problemlos in jeden Jazzkeller. "Ghana", entliehen von Donald Byrd, stellt ohnehin eine Ausnahme dar: Diese Nummer durfte Jazz bleiben, von Reggae-Vibes hier keine Spur. Dafür eine Spielwiese für Percussionisten, recht so!
Obwohl der überwiegende Teil der Tracks auf Gesangseinlagen verzichtet: Langweilig wird es nicht. Dafür sind die Rhythmen zu sonnig und die zu Grunde liegenden Songs einfach zu gut. Unverhohlene Freude am Spiel tut das Übrige: "Off The Hook" ist durchgehend schön anzuhören. Bei der Auswahl der vereinzelt hinzugezogenen Gastvokaloisten beweisen Wood In Di Fire eine glückliche Hand. Zwar ist Longfingah nicht der charismatischste Reggae-Sänger, der mir in den letzten Jahren zu Gehör gekommen ist, dafür ist sein Organ schlicht nicht unverwechselbar genug, er trifft aber dennoch stets die Stimmung. Die Conscious-Nummer "Big Things" hinterlässt hier ein besonders gutes Gefühl. Susan Pawlak, zu hören in Horace Andys "Nice'n'Easy" und in "Heartbreak Boy", überzeugt mit stellenweise fast gehauchtem Gesang, verblasst aber (unverdient!) vollkommen, hat man die zweite Gastsängerin gehört: Anne Kristin Beelitz interpretiert "God Bless The Child" von Billie Holliday mit einer derart fantastischen Soulstimme, dass man andächtig auf die Knie sinken möchte. Auch diese Nummer wird von Wood In Di Fire mit einem langsamen Reggae-Groove versehen - in meinen Ohren der Höhepunkt des Albums.
Etwas schneller präsentiert sich "Out Of The Night": Joe Henderson bekommt Ska eingehaucht. Der schlägt dann auch gleich ein zweites Mal zu: "November Afternoon" täuscht im Stil einer ruhigen Jazznummer an, bevor es in ein weiteres waschechtes Ska-Stück umkippt. Über dem Rhythmus bleibt reichlich Raum für Improvisationen. Hier sind wieder einmal Saxophon und Gitarre zu erwähnen, doch lohnt es sich auch, etwas Aufmerksamkeit auf den Bass zu richten.
Die Eigenkompositionen von Wood In Di Fire fügen sich gut ein und müssen sich bestimmt nicht verstecken. "Dead Dog Dub" bildet einen angemessenen Ausklang für eine wenig aufregende und dennoch überaus angenehme Sommerplatte, an der Reggae- wie Jazzfreunde gleichermaßen Vergnügen haben können.
Babylon, you can retire!
Noch keine Kommentare