laut.de-Kritik
Opern-Metal mit Vorliebe für schnulzige Titel.
Review von Michael EdeleWar ich mit dem Debüt "Kill The Sun" eigentlich recht zufrieden, so fiel mir doch mehr oder minder ein Stein vom Herzen, als mir Kollege Graffe die Review des für meinen Geschmack viel zu seichten "Ravenheart" abnahm. Irgendwie hatte ich die Schnauze vom Opern-Metal einfach voll, und so ganz ernst nahm ich die Bielefelder eh nicht.
Woran das genau liegt, kann ich nicht benennen, aber meine Meinung von damals hat sich inzwischen etwas geändert. Xandria ziehen ihr Ding recht souverän und hartnäckig durch, so dass man sie kaum noch als eine weitere Metalband mit gehauchtem Gesang bezeichnen kann. Zwar ist "Ravenheart" immer noch nicht mein Ding, doch auf "India" tauchen ein paar starke Songs auf, die sich hinter der internationalen Konkurrenz nicht verstecken müssen.
Nach dem orchestralen Einstieg vom Opener "India" befürchtete ich schon Schlimmstes und sah Nightwish übermächtig am Horizont. Doch es sind viel mehr die Holländer Within Temptation, die den Kurs vorgeben. "Now Is Forever" deutet es schon an, und "In Love With The Darkness" muss man entweder als Hommage an Sharon den Adel und Co. ansehen oder als dreistes Plagiat. Ich bleibe bei ersterem, denn im Gegensatz zu den Holländern lassen die Deutschen doch deutlicher die Gitarren sprechen, was "Fight Me" oder "Winterhearted" zu anständigen Rocknummern macht.
Es ist einmal mehr Lisas Stimme, die sich vom Klang und der Tonlage her doch deutlich von der Sharons unterscheidet, auf ihre gehauchte Art aber ähnlich drucklos wirkt. Im Vergleich zu einer Nienke de Jong oder einer Cristina Scabbia ist das einfach arg dünn. Das kann man vom restlichen Sound des Albums allerdings nicht behaupten. Der Versuchung, endlich auch mal mit einem anständigen Orchester zu arbeiten, konnte das Quintett auch nicht widerstehen, und so ist das Deutsche Filmorchester Babelsberg bei einigen Stücken auf "India" zu hören.
Dass Xandria eine Vorliebe für extra schnulzige Titel haben, beweisen sie mit "Like A Rose On The Grave Of Love" erneut, doch der Song hat Klasse. Um dem Track auch die richtige, keltische Atmosphäre zu verleihen, haben sich die Bielefelder mit der Irish Folk Band Sceal Eile zusammen getan, was sich definitiv bezahlt macht. Auch das atmosphärische "Who We Are And Who We Want To Be" ist einfach eine gute Rock/Pop Nummer.
Eigenständigkeit ist leider nach wie vor kein Attribut, das man Xandria guten Gewissens bestätigen kann. Dennoch verstehen sie es mindestens so gut wie die holländischen Kollegen
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