laut.de-Kritik
Das Paradies vom Jenseits auf die Erde holen!
Review von Hannes WesselkämperWenn es nach Jona Bechtolt und Claire L. Evans ginge, dürfte man Yacht nicht einfach als profane Band sehen. Yacht sei ein Kollektiv, eine Philosophie, ein System, das sich in ständigem Umbruch befinde, verkündet eins ihrer Manifeste. "Yacht is and always will be what Yacht is when Yacht is standing before you." Das klingt als sei Systemtheoretiker Niklas Luhmann geistiger Vater des Elektro Pop-Duos.
Eine nahezu kultische Verehrung des Dreiecks, vor allem in Verbindung mit Smileys oder Ankern, bestimmt die streng definierte Ikonografie der Band. Weiterhin gibt es eine festgelegte "Tattoo Policy" sowie eine FAQ-Abteilung auf der offiziellen Website, so dass auch die letzten Schranken zur quasi-religiösen Anbetung fallen.
Genau darum geht es dem Duo aus Portland. Das fünfte Album des wandelnden Multimedia-Kunstwerks, passend betitelt mit "Shangri-La", ist ein Konzeptalbum, das auf marxistischer Religionskritik aufbaut. So geht es nicht nur in "Paradise Engineering" darum, das fälschlicherweise posthum erwartete Paradies auf die Erde zu holen. "We must reclaim our place in the palace of Elysium, in the fields of Walhalla.", betont der Erzähler im Intro zu "Tripped And Fell in Love".
Eine predigende Stimme führt durch das Album, indem sie jeden Song mit balsamierenden Worten einleitet. Getragen und voller Dramatik spricht sie von Gott, Paradies und Revolution. Völlig gegenteilig gestaltet sich jedoch das Folgende. Leichtfüßig, catchy, optimistisch ist die musikalische Seite von "Shangri-La", die einen angenehmen Kontrast zur biederen Theorie bietet.
Treibende Rhythmen und funky Basslines ziehen sich durch den 45-minütigen Elektro-Tanztee. Handclaps und die – für DFA-Bands schon fast obligatorische – Cowbell unterstreichen den Spaßfaktor dieses ambivalenten Konzeptalbums. Nicht erst jetzt drängt sich die Frage nach Ernsthaftigkeit auf. Was soll das Kokettieren mit Ikonenhaftigkeit, das Nachgrölen über hundert Jahre alter Ideologiefetzen?
Am besten sucht man die Antwort darauf vermutlich irgendwo in der Postmoderne – da darf man eh so ziemlich alles. Wer sich jedoch nicht von post-religiösem Gehabe abschrecken lässt und einen Sinn für elektronische Tanzmusik hat, dem sei ein vielseitiges Album voller intelligenter Pop-Tracks versprochen. Die fünfte Yacht-Scheibe geht im Vergleich zum Vorgänger sogar einen weiteren Schritt in Richtung Simplizität, was sich als durchaus sinnvoll herausstellt. Ach und apropos Ikonen, in dieser Hinsicht gibt es ja sowieso gerade einen freien Platz bei DFA-Records.
2 Kommentare
Dümmstes Cover ever?
mir ist sowas alle mal lieber als ein kitschiges oder trashiges foto...und dümmer als "steal this album" von system of a down isses auch nich.