laut.de-Kritik
Von der Klassik in die Lounge-Bar.
Review von Artur SchulzDen Exoten-Status hat er längst hinter sich gelassen. Spätestens seit seinem Hit "River Flows In You" zählt der gebürtige Südkoreaner zu den Arrivierten des Piano-Fachs. Auf "Atmosfera" positioniert er sich with a little help from his friends ganz eindeutig aufs rutschgefährdete Parkett der leichten Muse. Und macht da, von einigen Wacklern abgesehen, eine richtig gute Figur.
"Chaconne" als umschmeichelnder Opener ist das, was man gern als Nummer sicher bezeichnet. Eine saubere Fingerübung mit vielen Finessen, die große Überraschungen allerdings vermissen lässt. Es gilt also, die echten Highlights heraus zu picken. Und da ist z. B. mit "I" das richtige Lounge-Feuer am Brennen. Unwiderstehlich tänzelt der Bossa Nova. Mit tatkräftiger Unterstützung einer gleichermaßen samtenen wie ausdrucksstarken weiblichen Gesangsstimme entführt Yiruma hier in den Nachtclub, ebenso wie später in "Kiss The Rain".
Überhaupt tummelt sich der Pianist stilistisch gerne mal in Südamerika. "Yellow Room" erweist sich als stimmige Tango-Adaption, die trotz aller Eingängigkeit auch immer wieder diese speziellen melancholischen Schatten durchschimmern lässt, die zu einer überzeugenden Adaption des Genres einfach dazugehören. Überwiegend vermeiden die beteiligten Musiker allzu oberflächlichen Kitsch. Stattdessen schieben sie mitunter echte dunkle Untertöne ein, wie in den Balladen "Flows" und "Loanna".
Trotz aller Leichtigkeit ist eine Ernsthaftigkeit zu spüren, mit der Yiruma und Co. ihre Aufgabe angehen. Das bewahrt manch etwas schlichter geratenen Track vor dem klaren Absturz in die Beliebigkeit. Dafür wartet manche zurückhaltend daher kommende Nummer mit effektvollen Breaks sowie gut ausgespielten Überrraschungen auf.
Reduktion ist hier das Zauberwort: Yiruma greift im Kern auf eine klassische Jazztrio-Besetzung mit Bass, Schlagzeug und Piano zurück, dann und wann ergänzt von einigen anderen Instrumenten. Trotz aller Zurückgenommenheit gelingen Yiruma bunt schillernde und höchst facettenreiche Arrangements.
"River" entpuppt sich als spannungsvoll inszenierter Track. Das Piano folgt im Hauptthema der Spur einer verspielten sentimentalen Melodie, die auf ein Dasein im Hintergrund verzichtet und in ihren besten Momenten sogar glaubwürdig dunkle Emotionen transportiert. "Indigo" als lateinamerikanisches Stimmungsbild mit viel Percussion und einfühlsamer Akustik-Gitarre springt rhythmisch reizvoll umgesetzt zwischen Ballade und elegant federnden Tanzclub-Sounds hin und her.
"Atmosfera" klingt dann am stärksten, wenn Yiruma und seine Mitstreiter allzu ausgetretene Pfade verlassen und improvisierten, jazzigen Passagen mehr Raum zugestehen. Diese Vorgehensweise und die individuelle Klasse aller Beteiligten bewahren das Album in manch Augenblick vor dem Herumplätschern an allzu seichten Ufern.
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