laut.de-Kritik
Manche Künstler sind einfach besser in deiner Erinnerung.
Review von Florian WeiglAls Yoav 2008 sein Debüt rausbrachte, war ich wie viele andere verzaubert von seiner Clubmusik mit Gitarre. "Charmed & Strange" war bei weitem nicht experimentell, aber das Fundament war stabil und leiser Vorbote von den Feedback-Loops und Dance-Zitaten, aus denen sich in den nächsten Jahren Post-R'n'B erheben sollte. Seitdem haben sich sowohl mein Geschmack als auch Pop als Genre weiterentwickelt und ausgeweitet. Dass ich "Multiverse" darum nicht feiere, kann man ruhig auf Subjektivität zurückführen und wenn du die früheren Alben mochtest, höre gerne rein, denn es hat sich wenig verändert - was für mich ein Problem ist.
"Multiverse" ist bestes Beispiel dafür, warum es so schwer ist, eine Karriere im Pop zu halten: Klang Yoav 2008, als könnte er Trends setzten, stagniert der Sound heute und hinkt hinterher. Die Instrumentierung bleibt dabei fast gleich. Das minimalistische Gitarrenspiel ist von Delay und Reverb umhüllt, die Beats sind nun anders als früher vollends elektronisch, ohne sich dafür schämen zu müssen. Die vielen, vielen Arpeggios hingegen setzen allerdings kaum Akzente und dümpeln flach im Hintergrund vor sich hin. Das Album wurde auf Ibiza produziert, und auch wenn Yoav niemals direkt Richtung Deep House abbiegt, kannst du den Einfluss spüren - manchmal ist langsam allerdings auch einfach nur langweilig.
Es ist nicht so, dass ich mich von "Multiverse" nicht umschmeicheln lasse, besonders wenn es minimalistisch ist. "Blood Moon" legt einen atmosphärischen Einstieg vor. "Lost Heads" verlässt sich ganz auf das beste Arpeggio des Albums und liegt damit richtig. Wann immer aber die Produktion zu sehr auf Effektspiele ("Want More Do You Want More", "Touch") setzt, langweilt es.
Durchschnittlich sind die meisten Songs hier fünf Minuten lang, was das Songwriting einfach nicht unterstützt. Es gibt pro Song zwei, drei melodische Ideen, die sich bis zur Hälfte abgenutzt haben und dann wiederholt werden, was das Album mehr und mehr zur Geduldprobe macht. Trimme die Tracks auf drei Minuten und ich winke es durch, so aber nervt es ungemein.
Doch selbst in den Songs, die ich mag, gibt es nichts wirklich Erwähnenswertes in Yoavs Performance oder den Lyrics. Die Kopfstimme hechelt immer noch Timberlake hinterher, ohne ihn einzuholen, und Yoav kann sich auch von den Lyrics (hier der Anfang von "Everything She Said" als Blaupause: "I want nothing more / than another shot / at a moment/ like the moment / with you young again / but wait / I know it / it won't come again") mit der Fadheit von Deutschpop-Barden messen. Manche Künstler sind einfach besser in deiner Erinnerung.
1 Kommentar
ich persönlich halte das mittlere werk "foolproof escape plan" für sein stärkstes album.
den timberlake-vergleich samt des vorwurfs, er sei irgendwie hängengeblieben, finde ich etwas hart.
denn im grunde ist er doch gerade kein mainstream-lieferant, sondern eher ein getriebener, der zwischen melancholie und frohsinn eine recht individuelle nische zimmerte. im grunde eine art singer/songwriter mt anderen mitteln als klampfe und folk.
und dass jedes album immer ein wenig nach jenem ort kingt, an dem er es aufnimmt, scheint ja eher markenzeichen als unentschlossenheit zu sein.