laut.de-Kritik
In Deckung! Dan Auerbach läuft Amok.
Review von Sven KabelitzVon Dan Auerbach (The Black Keys) entdeckt zu werden, für dessen Easy Eye Sound-Label gesignt zu werden und dann noch das Debüt von ihm produziert zu bekommen, dass nennt man wohl Glück. Pech allerdings, wenn einem dies ausgerechnet in Auerbachs plötzlich aufkommender Phil Spector-Phase geschieht.
So sitzt die einst obdachlose Sängerin Yola, die bereits mit Massive Attack arbeitete, auf ihrem Debüt "Walk Through Fire" zwischen den Stühlen. Einerseits entstanden in der Zusammenarbeit mit Auerbach und großartigen Nashville-Songwritern wie Pat McLaughlin, Bobby Wood oder Dan Penn einige starke Country-Soul-Songs. Andererseits verkommen diese unter der Fuchtel des Black Keys-Frontmanns zeitweise zu einer Western-Revue. Der sonst eher für den rotzig, rauen Sound seiner Band bekannte Musiker läuft hier teilweise regelrecht Amok.
Der Opener "Faraway Look" verdeutlicht dies gleich zu Beginn. Das Ergebnis klingt, als hätte Auerbach in einem Schrank seines Studios ein ausgehungertes Orchester sitzen gehabt, das seit Jahren auf seinen Einsatz wartete und das er nun auf diesen wehrlosen Song loslässt. Am Ende verdankt der gute, aber nun mit Pauken (bomm bomm!) und Trompeten komplett überfrachtete Track alleine Yolas ausdrucksstarker Stimme, dass er nicht komplett zu kitschigem Nippes verkommt.
Kein Ausnahmefall, denn immer wieder dreht die Produktion am Rad. Startet "Lonely The Night" vielversprechend als entspannter Westküsten-Pop ist spätestens ab dem Refrain Schluss mit lustig. Glöckchen, Streicher, Steelguitar und alles, was bei drei nicht das Studio verlassen hat, drängeln sich auf engstem Raum. Als wäre dies nicht überspitzt genug, setzt der Text mit "Only the night belongs to those who've lost their love" noch eine Schippe drauf.
Doch Yola gibt ihren Erstling keinesfalls kampflos auf. Als erdendes Element holt sie "Walk Through Fire" selbst in den abgehobensten Momenten auf den Boden der Tatsachen zurück. Lieder wie das entspannt sonnige "Ride Out In The Country", "Love All Night (Work All Day)" und der Country-Blues des Titelstücks entschädigen für viele der Ausrutscher. In "Keep Me Here" teilt sie sich das Mikro mit dem 20-fachen Grammy-Gewinner Vince Gill. Andere Stücke wie das von der Sängerin alleine geschriebene "It Ain't Easier" (The Beatles - "Don't Let Me Down") oder "Deep Blue Dream" (The Hooters – "500 Miles") orientieren sich zu stark an bereits populären Tracks.
Mit "Walk Through Fire" hätte Yola ein wirklich beachtenswertes Debüt gelingen können. Hätte, denn irgendwo auf dem Weg gingen ihr und Auerbach eben die Gäule durch. So steht am Ende ein gutes Album, auf dem den Protagonisten zeitweise jegliches Fingerspitzengefühl für songdienliche Arrangements abhanden gekommen ist. Es bleibt nichts anderes übrig, als auf "Walk Through Fire... Naked" zu warten. Schade.
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