laut.de-Kritik
Melodie und Druck: auf den Punkt genauer Drum'n'Bass.
Review von Christof KlausDie Zeit war reif. Seit gut sechs Jahren drehen sich seine Maxis auf den Plattenspielern der Drum'n'Bass-Clubs. Sein Pseudonym Young Ax ist mittlerweile vom Geheimtipp zur international angesehenen Szene-Adresse geworden.
Mit "Higher Ground" legt Alexander Zwingenberger nun sein Debütalbum vor. Ein klassischer Autoren-Longplayer ist es kaum, vielmehr eine Art Werkschau seiner im Zeitraum von 2004 bis 2007 entstandenen und teilweise bereits auf Vinyl veröffentlichten Produktionen.
Dass trotzdem keine zerfahrene Patchwork-Compilation herauskam, sondern eine ziemlich homogene CD, liegt wohl daran, dass der Berliner Vorstädter seinen Stil eben längst gefunden hat: farbenfroher Drum'n'Bass, der durch und durch geprägt ist, von der Vorliebe für guten alten Funk und Soul.
Okay, genau das schreiben sich wohl viele andere auch auf ihre Fahnen. Doch Young Ax macht dabei tatsächlich sein eigenes Ding und bemüht sich, die Songs so detailliert und gewissenhaft auszukomponieren, dass wahrscheinlich mehr passiert als bei vielen anderen Kollegen. Ein überraschendes Break hier, einen passend unpassender Filter da, ein stolpernder Drum-Edit dort. Und das Tolle: Der Flow geht niemals flöten, sondern die Tracks pumpen richtig nach vorne.
Musikalisch macht Young Ax sowieso so schnell keiner etwas vor. Die Samples kommen originell und auf den Punkt, die Produktion ist fett und die Rhodes-Improvisationen, die Sebastian "Mason" Maassen beisteuert, sorgen für dicke Jazzkellerluft in der Drum'n'Bass-Disco.
Obwohl Zwingenbergers prägender Hip-Hop-Background als direkter Einfluss nicht unbedingt zu hören ist, schimmert diese Vergangenheit in der Art durch, wie er seine Lieder zusammenbaut, cuttet und an der losen Leine rotzig vor sich hin bouncen lässt.
Trotz geschmeidigem und melodiösem Soul-Vibe, der überwiegend die Szenerie bestimmt, klingt das Ganze nicht nur rauer, sondern auch eigensinniger, selbstbewusster und mutiger als die Masse des gängigen "Liquid Funks" auf dem Markt. Ungestüme, manchmal vielleicht etwas zu hektisch programmierte Beats treffen auf schönste Harmonien sowie einen schier unerschöpflich scheinenden Spieltrieb, der für mächtig Bewegung, Frische und Lebendigkeit sorgt. Ideen sind im Überfluss vorhanden.
So sorgt gleich der dezente Opener "Into the Deep" für Gänsehaut, bevor es Schlag auf Schlag geht: Melodiöser aber nie kitschiger Drum'n'Bass, der mächtig drückt ("Soulsearching"), verträumt-atmosphärischer Jungle mit Old School-Flair ("Something Wonderful") oder lässiger Jazz-Flavour ("Listen Up!") in bester Tradition von Roni Sizes "Brown Paper Bag".
Und mit dem karnevalesken "Bright Nite", einem euphorischen Funkmonster, fehlt auch der klassische Gute-Laune-Track für die Tanzfläche nicht. Auf die für ein Drum'n'Bass-Album zumindest früher einmal obligatorischen Downbeat-Tracks verzichtet Young Ax jedoch ebenso wie auf radiotaugliche Vocal-Nummern. Die hätten ihm aber ohne Zweifel gut zu Gesicht gestanden.
Seis drum. Spannend, kurzweilig, griffig und gefühlvoll sind die elf Stücke freilich auch ohne gesungene Hooklines. Und ja: sie rocken wie nix und machen so richtig Spaß. Ein dickes Ding.
1 Kommentar
Find ich gut, dass solche Platten ein Platz bei Laut eingeräumt wird. Es ist au jeden Fall schön chilliger und souliger DnB, der im Gegensatz zu anderen Sachen nicht nur auf die Fresse geht, sondern sehr musikalisch ist.