laut.de-Kritik
Hip Hops Chamäleon strahlt in seinen buntesten Farben
Review von Mirco LeierWohl kaum eine andere Persönlichkeit in der zeitgenössischen Hip Hop-Kultur sorgt gleichermaßen für so hochgezogene Augenbrauen und weitläufige Begeisterung unter Kritikern wie Young Thug. Oldheads bekommen wahrscheinlich schon innerhalb der ersten zwanzig Sekunden einer Thugga-Single Krampfadern an der Stirn und können den Wunsch, über die verkorkste neue Generation herzuziehen, nicht weiter unterdrücken. Im Gegensatz dazu hat der 28-jährige Rapper aus Atlanta schon fast ein Cult-Following um sich herum versammelt. Seine Fans verehren jedes neue Release, als sei es der heilige Gral.
Es sagt wohl einiges über das digitale Zeitalter aus, dass Young Thug erst acht Jahre nach seinem Debüt-Mixtape sein erstes Studioalbum veröffentlicht. Der Weg dorthin war geprägt von Kontroversen und einem Sound, der sich relativ schnell als einzigartig herausstellte. Klangen seine ersten Projekte noch fast zu sehr nach Lil Wayne, kristallisierte sich mit jedem weiteren Release die wahre Stärke seiner Musik heraus: Seine Stimme. Ähnlich wie Kanye West benutzt er seine Stimmbänder als Instrument, als vollständigen Teil des Instrumentals und weniger als Mittel zum Zweck, um seine ohnehin zweitrangigen Lyrics an den Mann zu bringen. Dabei presst er mühelos seinen kompletten Stimm-Umfang in den Beat. Egal ob Tiergeräusche, tiefes Gegrummel oder Höhen, mit denen er bei Alvin und seinen Chipmunks einsteigen könnte: Thugga ist unvergleichlich wandelbar. Er ist Hip Hops Chamäleon. Und selten haben seine Farben bunter gestrahlt als auf seinem Debüt-Album "So Much Fun". Denn der Name hält was er verspricht.
Thugga unterhält blendend über 19 (!) Tracks, und obwohl die LP alles in allem wesentlich poppiger ausgefallen ist, als es viele Fans gerne hätten, kommt Thugs Weirdness oft genug zum Vorschein.
Die göttlichen Produktionen von Pierre B'ourne, Wheezy oder sogar J.Cole erzielen einen ähnlichen Effekt wie die Beats auf Playboi Cartis Meisterwerk "Die Lit". Sie sind Dreh- und Angelpunkt des Albums und bilden einen übergeordneten fast schon hypnotischen Mood. War bei Cartis Tape noch Minimalismus die Devise, setzt Thug bei seiner Beatwahl eher auf das genaue Gegenteil: Flashy, cloudy und unglaublich vielschichtig kommen die Klangbilder daher und greifen dem Rapper bei seinen vokalen Spielereien unter die Arme.
Über weite Strecken der ersten Hälfte geht Thug musikalisch keine allzu großen Risiken ein, zeigt sich lyrisch aber dermaßen animiert, dass man selbst über die ein oder andere misslungene Hooks oder einige langweilige Features hinwegsehen kann. Was nicht heißen soll, der Anfang des Album wäre frei von absoluten Highlights. Für jeden Gunna Chorus gibt es schließlich gleich zwei "Totally Dude" Ad-Lips.
Mit "Sup Mate" liefern er und Future genau den Sound den man sich von Super Slimey gewünscht hätte. Man hört den beiden den Spaß, den sie beim Recorden hatten, zu jeder Sekunde an. Future verfehlt sogar nur knapp seinen legendären "Ladidadida" - Flow aus "King's Dead" und bereichert die Menschheit mit Weisheiten wie: "And my spanish ting, she bad like J.Lo / I crushed up an X pill in her asshole." Das ist Rap-Zirkus vom Feinsten und grenzt sogar an "so bad it's good".
"Ecstasy" funktionierte zwar in der originalen Version ohne Machine Gun Kelly wesentlich besser zählt aber dennoch zu den besten Songs der gesamten Platte. Selten hat ein Song Thuggas Gespür für infektiöse Melodien und Hooks besser unter Beweis gestellt.
Ein weiteres Paradebeispiel für Jefferys Kompositionsgespür findet sich mit "What's the Move?". Ein zugegeben extrem poppiges Lil Uzi Vert- Duett, das aber unglaublich tight produziert ist. Das hintergründige Vögel-Gezwitscher weckt Assoziationen zu wilden Partys in tropischen Aviarien und passt wie die Faust aufs Auge zu den beiden Paradiesvögeln.
"Jumped Out the Window" leitet Die zweite Hälfte ein und bringt Thuggas exzentrische Seite zurück. "Cartier Gucci Scarf" und "Big Tipper" stechen einem sofort ins Ohr, da hier der Rapper erstmals die extremeren Bereiche seines Stimmregisters zur Schau stellt und seinen gefeierten "Harambe"-Flow zurück bringt. Nur eben noch ausführlicher und expressiver. Die Feature-Gäste folgen Fuß und harmonieren ausnahmsweise erschreckend gut mit dem Rapper aus Atlanta.
Obwohl das Album prall gefüllt mit Gästen ist, bleibt Young Thug nämlich oftmals das alleinige Highlight. Gunna und Lil Baby tun ausnahmsweise zwar nicht weh, bereichern ihre jeweiligen Songs aber in keinster Weise. 21 Savage macht einen akzeptablen Job, hat sich aber leider ebenso wie Machine Gun Kelly auf den falschen Song verirrt, und NAV bleibt eben NAV. Der Trap-Android ruiniert mit seiner eintönigen Delivery auf "Boy Back" den kompletten Track und liefert kurz vor Schluss dann doch noch eine herbe Enttäuschung. Allerdings lässt das grandiose abschließende "The London" diese schnell wieder in Vergessenheit geraten.
"So Much Fun" erfindet das Rad nicht neu, aber hat die Mechanismen seines Genres verstanden und perfektioniert sie. Damit fällt das Album in eine ähnliche Sparte wie das bereits erwähnte kongeniale "Die Lit", nur ist es eben wesentlich exzentrischer und bombastischer. Wo Playboi Carti Raps Equivalent zu Punk darstellt, personifiziert Young Thug den Glam Rock der frühen 70er. Und das ist in diesem Falle ein riesiges Kompliment.
10 Kommentare mit 10 Antworten
Wurde ja schon an anderer Stelle gesagt: Sehr dopes Album, Thugger in Bestform. Fällt mir inzwischen sogar schwer einen klaren Lieblingstrack zu benennen, es gibt einfach zu viele gute Anspielstationen. "Sup Mate", "Ecstasy", "Surf", "The London" sind aktuell so die Favoriten...wer das nicht feiert, hat Hip-Hop nicht verstanden und sollte über Löschung anchdenken.
Sagte er und hört nebenbei Felix Blume ????
Eine angemessene Rezension zu einem der Highlights dieses Rap-Jahres! Werde mir nachher mal "Die Lit" und dann "So Much Fun" im Doppelpack geben.
Schrecklich eindimensionales „Hip-Hop“ Album mit zuvielen (14!) Features.
Auch sehr erstaunlich wie man noch 4 Sterne vergeben kann bei sovielen negativen Schlagwörtern in der Rezi (keine Risiken, poppig, misslungene Hooks).
Schade das man automatisch als Oldhead (?) betitelt wird gibt man hier nur 1 Stern aber andererseits ein Meisterwerk wie Kota the Friends FOTO Album hier komplett ignoriert wird.
Bin wohl zu alt für Laut‘s Vorstellung von guter Rap Musik....
Komplett ignoriert wurde FOTO hier nicht.
https://www.laut.de/News/Doubletime-Brauch…
Welche Rap-Alben hast du dieses Jahr denn gefeiert?
Also ich mag immer die mit wenig features. Am besten sind jedoch die Alben ganz ohne! Da gibt es keine 2 Meinungen, ma sagen!
Wird Mal wieder Zeit, dass du dich löscht, so wie nach der Samy-Deluxe-Review.
Zu alt, zu dumm, zu bäurisch. Nenn es wie Du willst, aber verpiss Dich einfach.
Allein schon das Wort "eindimensional" im Bezug auf dieses Album zu verwenden, zeugt von wirklich wenig Plan. Man kann es nicht gut finden, aber eindimensional...
@ceee3 in Ordnung konnte einem entgehen
@craze heul doch Fanboi
Könnt ihr nicht diesen Hochmoor löschen? Unerträgliches Niveau...
Mich würde echt mal interessieren, welche Alben du dieses Jahr gefeiert hast, AirBaeron. Bei "Bandana" kamst du ja auch mit den Beat-Wechseln und vielen Samples nicht zurecht, hast es allerdings auch bei einem deiner Bergläufe gehört, und Tyler war sicherlich auch nicht dein Fall.
4/5
Bin normal nich so der Thugger-Fan, aber das ganze Ding wirkt mit seinen Beats und Ad-Libs so wunderbar hypnotisierend, wie ein Trip. Deshalb läuft das Ding grad auf Repeat.
Der Effekt ist tatsächlich ähnlich wie bei Die Lit von Playboy Carti, wobei bei Carti alles irgendwie dreckiger wirkte während dieses Album vergleichsweise clean und aufgeräumt ist!
die Feature Liste: Lil Baby, Lil Uzi, Lil Duke, Lil Keed… die Namenswahl alleine spiegelt die Kreativität der heutigen Hip Hop Landschaft wieder...
Lil' Talent ist auch dabei btw.
Gutes Album, beste Songs sind vorallem die Travis Scott Features (The London, Hop off a Jet, Hot Remix (letzten beiden nur auf Deluxe) ). Sub Mate & I‘m Scared sind auch echt dope !