laut.de-Kritik
Funkelnde Pop-Perlen in kühlem Deep House-Gewummer.
Review von Johannes Jimeno"Nous Horizon", eine französisch-englische Vermischung für "Unser Horizont", wirkt nach dem ersten Durchgang sehr eingängig und tanzbar. Mit dem typischen Charme des French-House wiegt Yuksek seinen Hörer gekonnt in Sicherheit.
Lauscht man seinen Kompositionen gewissenhafter, dann ergibt sich ein ambivalentes Bild: Zum einen wartet das Album mit funkelnden Perlen auf, die wundervollste gleich zu Beginn. "Golden Hands" empfängt mit verdeckten Glockenschlägen, hektischer Melodie und elfenhaftem Gesang. Der klar strukturierte Aufbau setzt sich mit Drums und Synthies aus den 80ern fort und sorgt für einen geschmeidigen Einstieg.
Yuksek hat sich etabliert. Nach zwei Alben hat er sein eigenes Label Partyfine gegründet und dort mittlerweile ein Dutzend Künstler unter Vertrag. Dazu kommen etliche Remixes für namhafte Größen wie Lana Del Rey und Empire Of The Sun. Da sein letzter Streich "Living On The Edge Of Time" schon fünfeinhalb Jahre zurück liegt, sind die Ansprüche nicht gerade gesunken.
"We Love (Nous Horizon)" spielt mit den Erwartungen des Hörers: Zunächst suggerieren Trommeln und Piano einen eher experimentellen Track, doch der stampfend-fiepende Beat lässt den Dancefloor erstrahlen. In der Mitte sorgen dissonante Vocals und wilde Pianotöne für erneute Überraschungen, als hätten Jagwar Ma im Studio vorbeigeschaut.
In Zusammenarbeit mit dem gehypten Duo Her entstehen zwei funky und soulige Nummern. "Sweet Addiction" und "Complicated" kommen typisch französisch rüber und überzeugen mit lässiger Coolness. "Break My Heart" und "Make It Easy" mit der griechischen Chanteuse Monika gehen beide als herausragende Popsongs mit eingängigen Refrains und sexy Basslines durch.
Hat man sich bei "Live Alone" an Roman Rappaks eigenwillige Stimme gewöhnt, funktioniert das kühle Deep House-Gewummer ganz famos und hätte auch einen Platz auf dem Soundtrack der aktuellen "Ghost In The Shell"-Verfilmung verdient.
Beim Rest des Albums ziehen graue Wolken am Horizont auf, die die Sonne verdecken. Die Single "Sunrise" ist einfacher Gute-Laune-Pop, "Golden Age" plätschert orientierungslos vor sich hin und das an Damon Albarn erinnernde "Keep Looking In My Eyes" bleibt nur ganz nett. Lediglich bei der Ballade "Make It Happen" schmachtet das Alt-Saxophon zärtlich im Hintergrund und bringt ein wenig Abwechslung.
Erst ganz am Ende klart der Himmel wieder auf. Der Closer "Stay" mit dem Labelkollegen Juveniles bleibt in seiner behutsamen Struktur aus flächendeckenden Synthies angenehm ruhig, der Sonnenuntergang ist nun gut zu beobachten.
"Nous Horizon" ist letztendlich ein zweischneidiges Schwert. Die eine Hälfte erfreut mit eingängigen, aber niemals austauschbaren Kompositionen und hervorragenden Featuregästen. Die andere jedoch zeigt sich ein wenig uninspiriert, gefällig und zu zaghaft. Da wäre mehr drin gewesen.
Noch keine Kommentare