laut.de-Kritik
Stilsicherer Gegenentwurf zu den glitzernden Diven.
Review von Christoph DornerRein optisch würde sich Nika Roza Danilova beim M'era Luna, Deutschlands größtem Gothic-Festival in Hildesheim, ohne Probleme in das einheitlich schwarze Gesamtbild einfügen. Auch mit ihrer Vorliebe für New Wave, Industrial und düstere Gedanken bliebe die junge Amerikanerin mit russischen Wurzeln dort bestimmt nicht allein.
Und doch ist Danilova letztlich kein Fall für die mit Mittelalter-Rock, Metal und Kleidungsfetischen durchsetzte, deutsche Gothic-Szene. Vielmehr ist Zola Jesus nach Soap&Skin schon das zweite weibliche Soloprojekt, das sich unverkrampft der avantgardistischen Innovationen der 80er Jahre bedient und sie in skelettierten, elektrifizierten Pop überführt, der auch gut zu Tim Burtons schauriger Vision von Alice im Wunderland passen würde.
Die neun Songs von "Stridulum II" sind die aktuellsten aus einem Katalog mit über 50 Stücken, die Danilova allein in den letzten beiden Jahren größtenteils in den eigenen vier Wänden aufgenommen hat. Wer zumindest das hochgelobte Album "The Spoils" kennt, hört die Weiterentwicklung weg von etwas verwaschenen Shoegazing-Effekten hin zu großformatigen Kompositionen und einem räumlicheren, schwereren Sound, der auch Danilova und ihre operngetrimmte Singstimme besser zur Geltung bringt.
Diese wiederum erinnert an Wave-Ikone Siouxsie Sioux – ohne diesen Verweis kommt zu Recht keine Kritik zu Zola Jesus aus. Beim Opener "Night" sind dumpfe Bässe, verfremdende Sirenen-Effekte, gedeckte Noise-Samples und Coldwave-Flächen, die sich wie ein Nebelschleier über den Song legen, die fein abgestimmte Steilvorlage für etwas morbide Romantik: "I'm on my bed / My bed of stones / But in the end of the night we’ll rest our bones".
Auch in den folgenden Songs setzt Danilova mit Liebe, Vertrauen und Spiritualität als universellen Schlachtfeldern ganz auf lyrische Suggestion. So ist es kein Wunder, dass man von der kaleidoskopischen Atmosphäre von Songs wie "I Can't Stand", "Run Me Out" oder "Sea Talk" völlig gebannt wird.
"Stridulum II" war ursprünglich nur eine EP, mit drei neuen Songs ist es ein forderndes, mitreißendes Popalbum und gleichzeitig ein so stilsicherer wie ästhetischer Gegenentwurf zu all den glitzernden Diven aus dem Mainstream und der Indie-Electro-Ecke. Ach ja, Gothic ist Zola Jesus natürlich auch. So Gothic wie eine halbstündige Fahrt mit der U-Bahn.
3 Kommentare
Samma, geht's noch? Die Platte heißt STRIDULUM II, so wie die EP davor STRIDULUM hieß! Manchem müsste man hier echt mal mit Anlauf ins Dings...Stidulum treten - aber echt. Ansonsten...sofort kaufen! Sehr, sehr geil. Jesus...
Live gesehen, sie ist klasse!
Endlich mal eine würdige Nachfolgerin von the Knife, Fever Ray, Bat for Lashes...