laut.de-Kritik
Treffen sich Blackmail und Juli und machen Indie-Pop.
Review von Markus BrandstetterTreffen sich Blackmail und Juli im Studio und machen ein Album: Klingt komisch, ist aber so. Abay ist das gemeinsame Projekt von Aydo Abay (Ex-Blackmail) und dem Juli-Gitarristen Jonas Pfetzing, der auch für das Songwriting der Gießener Deutschpopper mitverantwortlich ist. "Everything's Amazing And Nobody Is Happy" heißt das erste gemeinsame Machwerk, das als bunte Pop-Wundertüte daherkommt.
Pfetzing kennt Blackmail scheinbar ganz gut, deswegen klingt der Longplayer auch konsequenterweise viel mehr nach selbigen als nach dem sehnsüchtigen Wellensuchpop von Pfetzings Hauptband. Post-Pop nennt das Abay selbst - wie auch immer: ""Everything's Amazing And Nobody Is Happy" ist eingängig, verspielt, mit gelegentlichen Ausbrüchen in Noise oder Überlänge.
"The Queen Is Dead" macht den Anfang mit ein paar Klavierakkorden in Moll, kommt als Song schnell auf den Punkt und bekommt mittendrin ein paar Wände aus Gitarrennoise verpasst. Die Melancholie bleibt erhalten, bei "Fen Fire" kommt ein Drumcomputer dazu, man traut den Stücken Risse und Pausen zu, dann steigert und häutet sich das Stück, wird dichter, durchwachsener.
Gerne fahren die Herren auch mal die Drehzahlen von Atmosphäre und Streicherwänden nach oben - "Signs" lebt beispielsweise von diesem Willen zum großen Pathos. Gute Songs, interessante Arrangements und viel Abwechslung in Dynamik und Instrumentierung - und eine Liebe zu gelegentlichem Feedback und Geräusch.
"1997 (Exit A)" und "1999 (Exit B)" sind zwei cineastische Abgangsvarianten, die eine ausschweifender, getriebener, die andere als sehnsüchtiges Instrumental. Beim Titeltrack haben Abay Lust auf Überlänge und gar keine Lust auf den Punkt zu kommen, sondern umspielen selbigen gegen Ende hin noch ein paar Ehrenrunden.
Irgendwann, im letzten Drittel, beginnt dann irgendwann alles, ein wenig gleich zu klingen. Auch wenn der Song "Different Beds" heißt, fühlt man sich schon ein wenig in Wiederholung gebettet. "The Boat" drückt noch mal um ein ganzes Stück mehr auf die Tränendrüse, ehe "Out Of The Sun" mit Akustikgitarren für ein wenig Abwechslung am Schluss sorgt.
Alles in allem ist "Everything's Amazing And Nobody Is Happy" eine gute Indie-Pop-Platte mit vielen Reminiszenzen an Blackmail geworden. Doch nicht alle ganz unhappy.
3 Kommentare mit 2 Antworten
Die Vorabsingles fand ich jetzt nicht so schlecht. Allerdings wohl nichts zum ewig hören.
Ich hätte bei der Trennung von Blackmail ehrlichgesagt nicht gedacht, dass Blackmail den Personalwechsel besser verkraftet als Aydo.
Nun gut, Blackmail haben halt einfach weiter gemacht. Aydos Output war ja soagar größer und vielversprechender. Leider bekam er halt so gar keine Aufmerksamkeit dafür.
Vielversprechend ja, er hat viel experimentiert.
Ken fand ich am Anfang auch ziemlich gut, aber langfristig eher geht so. Zudem sind seine Sachen soundtechnisch leider hörbar schlechter produziert.
Das letzte Blackmail Album finde ich hingegen sehr gut, das davor war ganz gut.
Leider finde ich den beleidigten (?)/ gleichgültig anmutenden Ton dieser Rezension etwas störend. Vielleicht ist es fälschlicherweise nur mein bescheidener Eindruck, aber haben sie, Herr Brandstetter, evtl. schon vor dem Hören der Platte auf Grund der Zusammenarbeit von Abay und Pfetzing für sich entschieden?
Und dann tritt Abay auch noch im ZDF Fernsehgarten auf...
Finde die Platte aber sehr ansprechend. Ist doch eigentlich ganz schön, dass sowohl Aydo als auch Blackmail seit dem Split konsequent weiter machen. Finde beide immer noch sehr, sehr gut.