laut.de-Kritik

Der Fleisch gewordene feuchte Traum des Noel G.

Review von

In einem Kapitel von Homers Odyssee verschlägt es den griechischen Helden in die Nähe der Inselgruppe der Kykladen irgendwo im Ägaischen Meer. Der Sage nach verdrehen die dort ansässigen Sirenenchicks mit ihren lieblich anmutigen Gesängen die zermürbten Birnen der saftlosen Matrosen und die ihres Kapitäns. Allen Warnungen zum Trotz zieht es die Besatzung auf die Insel in ein Fiasko.

Selbiges ist beim Anwerfen des Players nicht eingetreten, als ich mir widerstrebend "Saints & Sinners" zum ersten Mal zu Gemüte führte. Angesichts der Tatsache, dass der Veröffentlichungstermin immer näher rückte, musste jedoch die Drückebergerei unweigerlich dem Ende zu gehen.

Denn die All Saints gehören in die Kategorie von Musik, die man keinesfalls und unter keinen Umständen nebenher im morgendlichen Tran oder einfach so anhören sollte. Andernfalls kriegt man diesen aalglatten Schmock, den die Engelchen als Markenzeichen vor sich her tragen, für den restlichen Tag garantiert nicht mehr aus den Ohren. Für die einen - wahrscheinlich die erdrückende Mehrheit mit dem Diktum der Farblosigkeit - das Hirnsubstitut, um den Alltag durchzustehen. Der Rest dagegen hämmert sich im Alzheimerdelirium hemmungslos den Kopf auf die Kloschlüssel oder hält es ungefähr wie der Teufel mit dem Weihwasser.

Was diese Pralinchen beschäftigt, ist der Wahnsinn. Wie die Konkurrenz von der Gewürzabteilung trällert und schmachtet sich der fleischgewordene feuchte Traum von Gallagher, Williams & Co durch das tückische Terrain von Herzschmerz und Koitus. Das Ganze richtig catchy zusammen geschustert mit den zeitgemäßen Soundzutaten, man kennt schließlich seine Pappenheimer, verfehlt seine Wirkung nicht. Garantiert. Da kommt die geniale Idee des ausgefuchsten A&Rs, William Orbit zu verpflichten, wie gerufen. Prompt ist der Redakteur auf dem Weg zur Arbeit kurz davor überzuschnappen, weil sich der Repetitivmodus einer der heiligen Schmonzetten verselbstständigte. Glücklicherweise waren sämtliche Schüsseln besetzt...

Eine komplette Schachtel Mon Cheri verdrücken zu müssen, ist ein Kinderspiel im Vergleich zur Seelenpein, die Englands Vorzeigequietschies dem Hörer in 52:47 Minuten antun können.

Trackliste

  1. 1. Pure Shores
  2. 2. All Hooked Up
  3. 3. Dreams
  4. 4. Distance
  5. 5. Black Coffee
  6. 6. Whoopin' Over You
  7. 7. I Feel You
  8. 8. Surrender
  9. 9. Ha Ha
  10. 10. Love Is Love
  11. 11. Ready, Willing And Able
  12. 12. Saints And Sinners

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