laut.de-Kritik
Zurückgelehnt und vorsichtig optimistisch gestimmt.
Review von Eberhard DoblerIn der persönlichen Wahrnehmung mutierte Beck irgendwann mal vom Slacker zum Scientologen. Durchaus ein Trugschluss, prägte ihn Hubbards Ideologie doch von Kindesbeinen an: Vater David gehört seit Jahrzehnten zum Verein, der Altvordere zeichnet übrigens wieder für die aktuellen Streicherarrangements mitverantwortlich. Dennoch fördern Mutmaßungen über weltanschauliche Einflüsse auf Becks kreativen Output wenig zutage.
Man könnte jetzt zwar das in strahlend weiches Licht getauchte Cover betrachten und manche Textzeilen respektive sphärischen Sounds dazu deuten. Man hört aber hauptsächlich eine von Folk- und Rock-Songwriting geprägte Platte samt elektronischem Support und High-End-Produktion.
Sanfte Akustikchords, Glockenspiel, ein entspannt gewischtes Drumkit, Keyflächen – fast ein wenig nach der Atmosphäre von Air klingt "Morning". "Heart Is A Drum" macht mit unaufdringlichem Bassfundament gerade so weiter. Das klingt sehr zurückgelehnt und dazu vorsichtig optimistisch gestimmt (vom depressiven "Wave" mal abgesehen). Die Instrumentierung bleibt fortan oft dieselbe, ergänzt um besagte Streicher, Klavier oder E-Gitarre.
Songs wie "Say Goodbye" und "Country Down" bringen mit Banjo und Pedal Steel-Gitarre dazu einen deutlichen Schuss US-Country-Mainstream ins Spiel. Das Folk-Erbe der 60er/70er schlägt dagegen bei "Turn Away" durch. Outdoor-Feeling hin oder her: Die glasklare Produktion klingt mehr nach dickem Studio ("Unforgiven" mit einer fast schon Dub-tauglichen Bassline).
Drum kann man "Morning Phase" toll finden, hört man intensiv hin. Doch die Platte findet ohne größere Dynamikänderungen statt, langsames bis mittleres Tempo beherrschen die Szenerie. Wer die CD abends nach vollbrachtem Tagwerk einlegt, kommt gar nicht dazu, genauer hinzuhören - er dürfte nach der vierten Nummer hinüber dämmern, da mögen die Vocalmelodien und Songharmonien noch so flutschen.
Herrschte auf "Modern Guilt" (2008) eine vitale Vielschichtigkeit vor, wirkt das erste Album für Capitol Records relativ eindimensional. Die Scheiben lassen sich zwar nur bedingt vergleichen, "Modern Guilt" bleibt trotzdem die interessantere. Beck selbst sieht sein 12. Studioalbum stilistisch an der Seite von "Sea Change" (2002).
In "Moring Phase" kommt der Hörer gut hinein, die Platte verliert sich aber zusehends in sich selbst. Nichtsdestotrotz muss man zugeben: Sollte Beck Hansen tatsächlich missionarische Ambitionen hegen, dank Tracks wie "Morning" oder "Turn Away" hätte Scientology einen verdammten Rattenfänger rekrutiert.
3 Kommentare mit einer Antwort
Kann zustimmen. Seine beiden anderen, nachdenklicheren Alben "Mutations" und "Sea Change" sind weitaus spannender, weil sie die besseren Songs und mehr Abwechslung bieten. Betrachten wir "Morning Phase" als einen der kleinen Ausrutscher in der Beck-Discographie und freuen wir uns auf das nächste Album!
Kann ich leider überhaupt nicht zustimmen. Ich finde es ganz klar eines der Besten Beck Alben! Von Gänsehaut-Intro Cycle bis zum unfassbaren Waking Light Finale. Damit hat er sich unsterblich gemacht. 5 Sterne!
Man muss schon so bekifft wie ich sein, um das zu mögen
Schon merkwürdig dass er drei Grammys für das Album bekommen hat iwie.