laut.de-Kritik
Ganz klar eine runde Sache: Sax mit Candy.
Review von Artur SchulzBereits 1990 begeisterte mich Candy Dulfers Erstling "Saxuality", den ein damaliger Print-Musikmagazin-Rezensent schäbig als "Harmloses Pop/Jazz-Getröte" bezeichnete. Erneuter Beweis für eine immer wiederkehrende Pein: Da hat ein Album Dein Herz gewonnen, doch die vermeintliche Fachwelt hat nichts als Schmähschriften übrig.
Musikkritiker sind schon manchmal üble Zeitgenossen, fürwahr. Doch statt sich allzu lang darüber aufzuregen, beginnen wir lieber den Rundgang durch eine handelsübliche Einkaufspassage.
"Candy Store", die mittlerweile zehnte Alben-Veröffentlichung der niederländischen Künstlerin, entpuppt sich als bestens sortierter, mit aufregenden Entdeckungsmöglichkeiten ausgestatteter Shop. Die Inhaberin selbst beschränkt sich nicht nur auf eine einseitige Geschäftsführungs-Funktion - im Dreierpack fungiert sie als Saxophonistin, Sängerin und Komponistin. Und dies seit Karriere-Beginn mit weltweitem Erfolg.
Die Liste ihrer Kundschaft liest sich erlesen: Dort finden sich u.a. Prince, Maceo Parker, Dave Stewart und Van Morrison. Die stilistischen Einflüsse, die Candy in ihrem "Candy Shop" verarbeitet und feilbietet, sind allesamt aus hochwertigsten Zutaten von Pop bis Jazz kreiiert. Gleich der Opener "Candy" macht mächtig Appetit auf mehr: Knackige Funk-Beats treffen auf jazzige Breaks und zitieren ganz nebenbei leichthändig Songs des Kalibers "Crazy In Love". "L.A. Citylights" pflegt smoothe Funk-Anleihen aus dem Fundus eines George Benson. Die schillernde Melange aus punktgenauem, beseelten Saxophon-Spiel mitsamt gekonnter Songführung ist unterlegt von eleganten Mitternachts-Grooves.
"La Cabana" wirbelt lateinamerikanisch, veredelt durch feine Dub-Elemente. "Summertime" ist gottlob kein erneutes Cover des bereits zu oft bearbeiteten Werks von George und Ira Gershwins "Porgy And Bess"-Klassiker. Candy überzeugt hier - im Gegensatz zum überwiegenden Instrumental-Charakter des Albums- zusätzlich mit ihrem glänzenden Leadgesang. Der "Soulsax" kommt sofort gekauft ins Tütchen für die abendliche, gepflegte Barjazz-Ecke. Gekonnt jongliert die Künstlerin mit ihren Zutaten und serviert auf den 13 Tracks eine bunte, aber niemals beliebige Cocktail-Palette aus wohlschmeckenden Zutaten. "Smokin' Gun" erfreut mit sommerlichen Reggae-Elementen, während "If I Ruled The Word" mit effektvollen Background-Sounds verwöhnt.
Die Zusammenarbeit zwischen Candy, ihrem Komponisten der ersten Stunde, Ulco Bed, dem später dazugestoßenen Thomas Bank und Chance Howard lässt einen runden und harmonischen Eindruck zurück. Spielerische Entspanntheit, gepaart mit ausgeprägtem Gespür für prächtig funktionierende Songs, geben Candy Dulfer Gelegenheit, ihre ganze Virtuosität auszuspielen. Gelegentliche Raps, sowie hie und da dezent eingestreute Hip Hop-Colorierung, gehen eine harmonische Ehe mit Jazz- und Pop-Elementen ein, ohne aufgesetzt zu wirken. Der satte und fette Beat in der zumeist funk-getränkten Schlagzeugarbeit sorgt für nötigen Druck und Drive, während die ruhigeren Nummern mit verführerischen, Stil und Stimmung betonenden, Arrangement-Details aufwarten.
Also auf in den "Candy Store", und bedenkenlos zugreifen bei diesem hochwertigen Angebot. Auch das Booklet hält aparte Leckerlis bereit: Locker verstreut finden sich Fotos einer charmant lächelnden Künstlerin mit eben, nun, jeder Menge Sax-Appeal. Der bei Candy Dulfer erfreulicherweise nie überzogene Einsatz ihrer optischen Vorzüge ist halt lediglich eine willkommene Beigabe - und überlagert niemals das Wichtigste: Ihre künstlerische Klasse, die sie hier mit einem ihrer bislang stärksten Alben eindrucksvoll unter Beweis stellt.
7 Kommentare, davon 5 auf Unterseiten
feines Review zu einer bestimmt groovenden scheibe einer weltklasse-künstlerin. schon alleine für ihr solo in van morrisons "i've been workin" (A NIGHT IN SAN FRANCISCO) hätte sie nen grammy verdient...
bin auf die CD sehr gespannt und artur hat absolut recht, wenn er sagt, dass candy ihre optischen vorzüge, die zweifelsohne sofort ersichtlich sind, nie übermässig zur schau stellt, sondern immer ganz profi und in ihrem element bleibt.
(irgendwo auf ihrer page finden sich sogar noch fotos vom konzert 2005 in der schweiz, bei denen ich den auslöser drücken durfte )
geile sache, mr schulz!
Die Review gefällt auch mir, das Album werde ich natürlich kaufen. Wie ich so ziemlich alle Alben von Candy Dulfer gekauft hatte.
Nach mittlerweile 8 besuchten Liveauftritten, von denen mich bisher kein einziger enttäuschte, hat Miss Dulfer einen festen Platz in meiner Musiksammlung.
Sie hatte sich zwar in den 1990ern mit 1 oder 2 Alben recht passable Fehltritte geleistet (man denke nur an das fast unsäglich überzuckerte "For The Love Of You"), aber danach kam sie offenbar wieder in die richtige Spur. "Right In My Soul" in Zusammenarbeit mit ihrem Herrn Vater halte ich für sehr gelungen und ihre beiden Live-Aufnahmen sowieso.