laut.de-Kritik
Perfekte Mixtur aus Naivität und Verruchtheit.
Review von Dani FrommOft lässt sich gar nicht so genau festmachen, woran es letztendlich liegt, wenn man mit einer Platte nicht warm werden will. Kleinigkeiten, die nicht stimmen, ein kaum wahrnehmbarer, unterschwelliger Misston, der das Klangbild stört. "Back To Basics" gehört in diese Kategorie. Überaus appetitlich wird ein Menü angerichtet, dem dann - wie enttäuschend! - jeglicher Nachgeschmack abgeht.
Woran liegt's? Sicher nicht an den handwerklich einwandfreien und auf immensem musikgeschichtlichen Wissen und präzisen Gespür basierenden Instrumentals eines DJ Premier. Bestimmt auch nicht an der unter tätiger Mithilfe Steve Winwoods entstandenen gospeligen "Makes Me Wanna Pray" oder dem raffinierten Rhythmuswechsel in "Understand". Es liegt nicht an den funky Bläserarrangements, nicht am 70er-Motown-Sound, nicht an den Bässen und unter Garantie nicht an der Sängerin, dass der Gesamteindruck derart fad gerät. Die Zutaten sind exzellent, doch: Maître! Es fehlt das Salz!
Der Eindruck, dessen ich mich nicht erwehren kann: Beim Versuch, der Stimme reichlich Raum zu geben, wurde die Verbindung zu einem Ganzen vernachlässigt. Die einzelnen Spuren - Gesang, Bläser, der Beat - scheinen nahezu verbindungslos nebeneinander her zu laufen, Zweidimensionalität ist die Folge. Christina Aguilera erweckt stets den Eindruck, sie sei zu viel mehr in der Lage, komme aber nicht in Fahrt. Zudem langweilt mich die immer gleiche R'n'B-Attitüde erheblich.
Knapp die Hälfte geschafft. Fans vom Band lobhudeln sich durch "Thank You". Was Dicke-Hose-Gebaren betrifft, darf sich hier so mancher Hip Hop-Künstler eine Scheibe abschneiden: Feature dich selbst wie die Hölle in Reinkultur! Ich stelle fest: Ich habe keine Lust mehr.
Und jetzt vergessen wir all das. "Back To Basics" hätte leichtes Spiel mit mir gehabt, hätte die zweite CD des Doppelalbums am Anfang gestanden. Hinter dem Zusatz "Oldschool" versteckt sich ein Nachschlag, der die Beschwerlichkeiten der ersten Hälfte ver- und den Kritiker erblassen lässt.
Sämtlich von Linda Perry produziert, kitzeln die neun nachgelegten Tracks alles aus Christina Aguilera heraus, das bisher partout nicht zum Vorschein kommen wollte. Die zweite Scheibe wurde einzig und allein für den Lieblingsplattenschrank geschaffen. Eine Ahnung davon stand immer im Raum, jetzt erbringt Mrs. Dirrty den Beweis: Sie kann wirklich und wahrhaftig einfach alles singen.
Willkommen geheißen von farbenfrohen Jahrmarkt-Klängen inklusive Chören und Hammondorgel betrete ich ihre Manege und verharre in Staunen: Opulenter Orchestersound mit Streichern und Piano ("Welcome"), schwungvoller Boogie ("Candyman") und klassischer Blues ("I Got Trouble") folgen überleitungslos aufeinander, einzig verbunden von einer beeindruckenden Interpretin, die - endlich, möchte man rufen - mit Soul und Tiefgang zu voller Größe aufläuft.
Linda Perry mauert keinen Unterbau, sie gestaltet Kulissen. Die Zirkusarena hatten wir bereits. "I Got Trouble" versprüht den knisternden Zauber sehr alter Schellackplatten, das üppig aufspielende Orchester in "Mercy On Me" oder "The Right Man" wird einem nahezu bildlich vor Augen geführt.
Im krassen Kontrast dazu stehen mit "Hurt" und "Save Me From Myself" eine sehr schlichte, wundervoll berührende Pianoballade sowie eine leise Nummer zu akustischer Gitarre, die gerade aufgrund ihrer Reduziertheit extrem charmant an den Mann gebracht wird.
"Nasty Naughty Boy" entführt dann endgültig in den plüschigen Nachtclub. Applaus gibt es am Anfang und am Ende - natürlich nicht während des Songs: Denn dann hängt die versammelte Zuhörerschaft gebannt an den Lippen der Sängerin, die - wie einst Marilyn Monroe bei ihrem Geburtstagsständchen - die perfekte Mixtur aus Naivität und Verruchtheit zur Schau trägt. Spot an, auf diese Frau! Wow!
5 Kommentare mit einer Antwort
Einfach erste Klasse dieses Album!!
Empfehlens wert... ganz besonders wegen der zweiten CD^^
Ich war eigentlich zuerst ziemlich entäuscht von Back to Basics, ich hatte zwar wie Christina angekündigt hat ein etwas Retro angehauchtes Album erwartet aber für mich war es zum Zeitpunkt einfach zu sehr Retro.
Nach öfterem Hören hab ich aber meine Begeisterung für dieses Album gefunden und es läuft noch immer in meinem Player.
Meiner Meinung nach ihr bestes Album (neben "Bionic")! Es gibt natürlich auch ein paar Totalausfälle wie Understand, Save Me From Myself, Thank You (obwohl die Idee echt toll ist ) und I Got Trouble.
Favoriten: Back To Basics (Intro), Back In The Day, Makes Me Wanna Pray, Hurt(!!!), Enter The Circus + Welcome, Still Dirrty, Slow Down, Oh Mother, Candyman & Ain't No Other Man
Back In The Day ist extrem naise, die "Hey-hey-hey"-Samples von Firestarter usw -goil!
https://www.youtube.com/watch?v=tYjmAWmB_po
Premo Wallah
Gutes Album. Ich liebe den Song 'Aint No Other Man'