laut.de-Kritik

Gepflegter Wahnsinn, der auch Modern Talking zulässt.

Review von

"Das letzte Röcheln eines Rap-Mammuts", glaubte Kollege Philipp Gässlein vernommen zu haben, als Das Bo 2004 nach langen Jahren endlich ein Solo-Album an den Start brachte. Bo-Hasser, die sich auf der sicheren Seite wähnten, haben sich tief geschnitten: "Ich Bin Zurück (Stärker Denn Je)".

Zumindest am ersten Teil dieser Aussage lässt "Dumm Aber Schlau" keinen Zweifel. Unüberhörbar kommen wuchtige, in aller Regel schwer Synthie-lastige Beats der vertrauten Aufforderung "Bass Bass! Wir brauchen Bass!" geflissentlich nach.

Tua lässt es gleich zweimal mächtig knattern: Insbesondere in "Geb Nich' Auf" manifestiert sich nachdrücklich im Beat, was der Text vorgibt. Daneben geben sich Monroe, Mez'n'Cash, King Chronic und etliche andere die Klinke der Studiotür in die Hand. Für "Ich Bin Zurück" ließ sich letzterer wohl inspirieren: Gar Godzilla-mäßig walzt der Instrumentalteil durch die Gehörgänge.

Ruhigere Töne schlägt "Wie Sich's Anfühlt" an: Kurz vor Schluss noch eine Schlafzimmernummer: Warum nicht, wenngleich ich auf die schmalztriefende Hook von R'n'B-Support Mounir problemlos hätte verzichten können. Funky E-Gitarren regieren dafür in "Geld & Macht" und sorgen für exzellente Kopfnickbarkeit. Gefeiert wird im "Balkanerstyle", ein Piano-Loop klimpert durch "Alles Für Mich".

Im Keller rockt es sich äußerst "Fresh" gemeinsam mit dem "nasalen Platin aus der Hansestadt", Jan Delay, und mit Samy Deluxe, dem jeder Reim noch immer über die möglicherweise gebotene Höflichkeit geht.

Die "Insel" teilt sich Das Bo mit den einstigen Fünf Sterne-Genossen Tobi Tob und Marcnesium. "'Uga Uga Uga' heißt 'Finde dich selbst'", lernt man hier, stellt fest, dass alte Verbundenheiten immer noch nachwirken und fragt sich, ob die Herren beim "dramatischen Flugzeugabsturz" nicht vielleicht doch mit dem Kopf voran aufgekommen sind.

Hervorragend gepflegter Wahnsinn begegnet einem, wohin man schaut. Geradezu Stadion-tauglich geraten die Gesänge in "Bo (O-Oh)". Wenn Petone für den Titeltrack Modern Talkings "You're My Heart, You're My Soul" durch den Wolf dreht und für "Ohne Bo" auch noch die Münchener Freiheit aus dem Keller zerrt, dann hat sogar, wer das Cover-Artwork zu ignorieren versuchte, kapiert: Hemmungen haben schlechte Karten.

Im Prinzip der Stoff, aus dem Qualitäts-Entertainment gestrickt wird. "Dumm Aber Schlau" amüsiert über weite Strecken und knallt hie und da durchaus ordentlich. Auf Album-Länge schmälern jedoch etliche Umstände den Genuss.

Zuvorderst haben wir es in Das Bo nicht mit dem wandlungsfähigsten MC ever zu tun, er klingt durchgehend sehr, sehr ähnlich. Das wäre weniger schlimm, würde er zum Einen - was er bei weitem nicht immer tut - seine Rap-technischen Fähigkeiten ausschöpfen, und zum Anderen davon absehen, sich beständig selbst zu zitieren und damit endlos zu wiederholen.

Auf der inhaltlichen Seite reichen eine Handvoll Reminiszenzen an die guten alten Zeiten, ein Kiffer- und ein Suff-Track und die wieder und wieder ausgewalzte Feststellung, eben nicht wie andere Kinder zu sein, schwerlich aus, um dauerhaft bei der Stange zu halten.

Allein die Lektüre der Tracklist nimmt die Nabelschau vorweg: Das Bo ist "Anders (Als Die Anderen)", "Zurück (Stärker denn Je)", macht "Jetzt Erst Recht" sein Ding, das er - "Geb Nich' Auf" - durchzieht, bis auch der letzte abwinkt.

Ähnliche Redundanz bergen einzelne Tracks, in denen eine an sich nicht üble Idee schlicht zu Tode genudelt wird: Ein fast sechsminütiges Herumhängen "Kurz Vorm Club" kommt mir bestimmt vier Minuten zu lang vor, und das ist beileibe kein Einzelfall.

"Wünsch Dir Was": Darf ich? Ich wünsch' mir ein paar Storys, denn dann klingt das abschließende "Wir sehen uns bald" gleich viel mehr nach Verheißung, denn nach Drohung. "So. Jetzt mal Feierabend, hier!"

Trackliste

  1. 1. Was Is Los???
  2. 2. Bo (O-Oh)
  3. 3. Dumm Aber Schlau
  4. 4. Anders (Als Die Ander'n)
  5. 5. Fresh (Basement Allstars) ft. Samy Deluxe & Jan Delay
  6. 6. Alles Für Mich
  7. 7. Over The Top ft. Kryptic Joe
  8. 8. Kurz Vor'm Club ft. Chris Nix
  9. 9. Ich Mach Mein Ding
  10. 10. Wir Woll'n Feiern (Balkanerstyle) ft. Rebecca Maas
  11. 11. Geb Nich' Auf (Zieh Dein Ding Durch) ft. Mounir
  12. 12. Nur Fliegen
  13. 13. Ich Bin Zurück (Stärker Denn Je)
  14. 14. Wünsch Dir Was ft. Kryptic Joe & Porky
  15. 15. Die Insel (Uga Uga) ft. Tobi Tob & Marcnesium
  16. 16. Geld & Macht ft. Curtis Bofield
  17. 17. Jetzt Erst Recht
  18. 18. Ohne Bo
  19. 19. Entspannt & Zugedröhnt
  20. 20. Anna Bar (Hamburger Berg)
  21. 21. Wie's Sich Anfühlt ft. Mounir
  22. 22. Intro (Outro)

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