laut.de-Kritik
Schwerer Soul'n'Blues ohne Staub, Lärm und Experimente.
Review von Sven KabelitzWer die Dunkelheit einmal gespürt hat, hält sich nicht gerne lange im Schattenreich auf. Dave Gahan drängt es zurück ins Rampenlicht. Auf "The Light The Dead See" war er noch Gastsänger der Soulsavers, die vorher mit Mark Lanegan und Mike Patton gearbeitet hatten. Auf dem Nachfolger "Angels & Ghosts" haben sich die Vorzeichen geändert. Bloß nicht mehr verstecken. Der größere Name zieht. Spätestens zur nächsten gemeinsamen Platte dürfte die Assimilation der Soulsavers abgeschlossen sein.
Abseits des unerbittlichen Ego-Kampfes mit Martin L. Gore zeigt sich Gahan seit "Paper Monsters" deutlich entspannter. Zeitgleich bleiben seine Songs bis heute, wenige Ausnahmen ausgeschlossen, um eine Dimension ärmer als die seines gelockten Bandpartners.
Erst mit der Hilfe von Rich Machin and Ian Glover fand er Autoren, die seinen Gesangsmelodien mit morbidem Southern Soul die nötige Tiefe verliehen. Ausgerechnet diese streift "Angels & Ghosts" zum Teil wieder ab. Das Zwingende und die Intensität eines "In The Morning", "Gone To Far" oder "Bitterman" sucht man auf der zweiten Zusammenarbeit vergebens.
Wie um dies zu unterstreichen, bilden die Sonne und das Licht das Leitmotiv des Albums. "There's light here, and it shines on you" singt Gahan im Opener "Shine", lässt später ein gruselig naives "Anyone can see / It's destiny" folgen. Ein gefasster, von Slide-Gitarre und Gospel begleiteter Blues-Rock, dem es am nötigen Nachdruck fehlt.
Die von einer akustischen Gitarre, einem mit schwerem Schritt wandernden Rhythmus und Daniele Luppis spannungsschürenden Streichern ausgestattete Single "All Of This And Nothing" gelingt weitaus besser. Letztendlich fehlt der sehnsuchtsvollen Nummer nur etwas von dem Schmutz, den sie mit der Zeile "I'm the dirt beneath your feet" einfordert. Das Arrangement des Tracks bleibt zu sauber und aufgeräumt.
In "You Owe Me" und "The Last Time" gefällt sich der croonende Gahan in der Rolle des Nick Cave-Wiedergängers und schlägt sich wacker. Gleichzeitig offenbart er seine Schwächen im Storytelling. Wer also den Fehler macht, den Depeche Mode-Sänger mit dem Hohepriester der Verzweiflung gleich zu setzen, hat nie mehr als drei Cave-Songs am Stück durchgehalten. Der schwere Sound von "Don't Cry" verbindet dieses Schema mit einem aufbauenden Text und dem hymnischsten Refrain der Platte.
Zwei Balladen bestimmen das Tempo im zweiten "Angels & Ghost"-Teil deutlich. Gerade das zum großen Teil von Klavier und opulenten Streichern begleitete "One Thing" zählt zu den stärksten Stücken des Longplayers. Die theatralische Kuschelballade "Lately" gibt sich mit Cello und Trompete hingegen willenlos dem Kitsch hin. "Sail with me / We can fly away." Ja, was denn nun? Segeln? Fliegen? Segelfliegen? Kitesurfen? Ganz egal, Hauptsache: schnell weg. In "My Sun" findet "Angels & Ghosts" letztlich zu seinem Grundmotiv zurück. "Behind the darkest clouds the sun always shines again".
Als wolle man nun, wo der Name Dave Gahan das Cover schmückt, die Fans nicht verschrecken, fahren die Soulsavers den Staub, Lärm und die Experimente des Vorgängers auf ein bekömmliches Maß zurück. So bleibt ein getragenes Herbstalbum. Durchaus angenehm, fehlen ihm abschließend die herausstechenden Songs. Der beste Gahan-Longplayer abseits von Depeche Mode bleibt mit "The Light The Dead See" vorerst ausgerecht jener, auf dem sein Name nicht vorne drauf steht.
2 Kommentare
Für mich einfach ein rundherum gelungenes Album.
Tolles Album, kommt aber nicht an den Vorgänger ran. Und wo "The Light The Dead See" noch ein wunderschönes Cover zu einem Gesamtkunstwerk werden ließ, prangt hier jetzt ein verstörendes, nicht unbedingt ästhetisches Bildnis, was so überhaupt nicht zur Musik passt. Schade für das Regal.