laut.de-Kritik

Inhaltliche Nichtigkeiten für den Nebenbei-Konsum.

Review von

Im letzten Jahr ungefähr um dieselbe Zeit erschien mit "California" eine EP, mit der Diplo eine Hommage an seine Wahlheimat präsentierte. Jetzt hat er mit "Europa" eine Art Nachfolger auf den Tisch gelegt, mit dem er laut Pressetext "den eklektischen, akustischen Stilen einer Region, der er sehr verbunden ist, Tribut zollt".

Während Europa hierzulande eher als Kontinent bekannt ist, wirft Diplo geografische Genauigkeit über den Haufen und holt sich für seine EP sieben Künstler an Bord, die aus vier verschiedenen Ländern stammen: Frankreich, England, Niederlande und Deutschland. Leser, die im Geografie-Unterricht wenigstens anwesend waren, fragen sich jetzt vielleicht: "Und der Rest?" 47 Länder waren dem ursprünglichen "Florida"-Dude wohl zu aufwendig für seinen Regionen-Spiegel.

Jedenfalls schnappt sich Diplo ein paar der in ihren westeuropäischen Ländern angesagten Zeitgeist-Künstler und verwurstet sie auf insgesamt sechs Tracks. "New Shapes (feat. Octavian)" erklingt als ziemlich runtergefahrener, leicht sphärischer Opener. Auch "Boom Bye Bye (feat. Niska)" bewegt sich auf einer ähnlich seichten Ebene, auch wenn der französisch rappende Niska mit seiner knarzigen Stimme deutlich mehr Reibung erzeugt.

Die niederländische Kollabo "Dip Raar (feat. Bizzey, Ramiks)" kommt aus diesem Trott heraus und klingt dank Mandoline, Bass und Bizzeys rauchig-rollender, tiefer Stimme endlich wieder nach einem dunklen verschwitzten Keller. Die Underground-Dynamik geht mit dem Bausa-Feature "Baui Coupé" allerdings schon wieder völlig flöten. Hier gerät der Beat zum Hintergrund-Gedudel, das Bausa mit verkaufsorientierten Nichtigkeiten übertönt.

Kurz vor Ende gehts zurück über die Grenze nach Frankreich, um mit "Oh Maria (feat. Soolking)" klassischen Trap zu produzieren. Soolking klingt spannend und harmoniert gut mit dem Beat. Gehört hat man so etwas allerdings auch schon. Öfter. Zum Abschluss gehts nochmal kurz über den Kanal - und wird hitverdächtig. IAMDDBs charakteristische Stimme fließt warum über einen Beat, der in ganz denzenten Tönen an "Peace Is The Mission"-Sounds erinnert.

Inhaltlich reißen Diplo und seine Auserwählten nicht wirklich viel. Die Songs klingen durch die Bank weg oberflächlich und orientieren aich am schnellen Nebenbei-Konsum. Auch Diplo, der sich vor einigen Jahren noch mit mutigen, überdrehten und quer gedachten Produktionen auszeichnete, liefert heute eher Stangenware. Alles tönt gleich, was schade ist für eine EP, die sich anmaßt, die "eklektischen Stile einer Region" wiederzugeben. Der kulturelle Aspekt wird den meisten Trap-Hörern der USA egal sein - ob sie jetzt nuscheln oder Niederländisch sprechen, ist auch schon wurscht.

Trackliste

  1. 1. New Shapes (feat. Octavian)
  2. 2. Boom Bye Bye (feat. Niska)
  3. 3. Dip Raar (feat. Bizzey, Ramiks)
  4. 4. Baui Coupé (feat. Bausa)
  5. 5. Oh Maria (feat. Soolking)
  6. 6. Mira Mira (feat. IAMDDB)

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