laut.de-Kritik
Wuchtiger Ohrwurm-Pop ohne Peinlichkeiten.
Review von David HutzelMax Gruber alias Drangsal setzt auf "Zores" bei den Urängsten deutschsprachiger Music-Lover an: an der Stelle, an der in den frühen 80ern aus dem wavigen, guten Teil der Neuen Deutschen Welle dieser ganze Nena-Kitsch resultierte, so dass sich der Begriff "Schlager" bald auch auf dieses Feld anwenden ließ. Dreißig Jahre später stellt Gruber nun zur Schau, wie man wuchtige deutschsprachige Pop-Songs schreibt, ohne allzu deutsch und belanglos zu klingen.
Vor zwei Jahren lieferte Drangsal mit "Harieschaim" ein solides New Wave-Album ab. Nicht mehr und nicht weniger, könnte man an dieser Stelle behaupten, wobei es rückblickend eher zum Mehr wird. Diesmal singt Gruber in neun von zwölf Songs auf Deutsch, was ihm sehr gut steht. Außerdem lässt sich der Wahl-Berliner nun wesentlich selbstbewusster produzieren.
Für letzteres zeichnet unter anderem Max Rieger von Die Nerven verantwortlich. Während die Songs weiterhin auf eine Dichte von New Order-Synthesizern und The Cure-Gitarren setzen, birgt das Zusammenspiel der einzelnen Instrumente eine neue Tiefe. Das fällt besonders bei den Drums auf, die ausdifferenziert und drückend im Raum stehen.
"Wo man mich vermutet, steh' ich schon lange nicht mehr", zuckert Gruber in "Und Du? Vol. II" anfangs um sich. Dann pflanzt uns der Song sanft Zeilen sexueller Zerrissenheit ins Ohr: "Gegen die Decke meines Schädels / Schlägt ein Spalier junger Mädels" und "Gegen die Wände meines Herzens / halten hundert junge Jungs heiße Kerzen". Direkt darauf besingt er an der Seite mit einem opulenten Kinderchor, auch die Drogen ("Die Drogen, die Drogen!") haben ihren Teil zu seiner hilflosen Lage beigetragen. Kurzum: Der Song ist ein außerordentlicher Hit.
Max Gruber stab- und endreimt sich lustvoll durch die Songs, und jetzt kommt bitte keiner damit, dass das flach sei. Erstens war das bei englischsprachigen Bands noch nie ein Ausschlusskriterium und zweitens halten die Stücke noch immer deutlich mehr thematische Tiefe bereit als all die Forsters und Jennifers zusammen. Zudem nimmt Gruber der deutschen Sprache ihre Rammsteinartige Härte, um sie durch und durch geschmeidig klingen zu lassen.
Warum also befinden sich dann auf "Zores" doch noch drei englische Songs? Hier verlässt Drangsal an einigen Stellen, etwa im balladenartigen "All The Poor Ships At Sea", den Pfad des Widerspruchs zwischen englischem Sound und deutschen Texten. Konstruiert er sich in den meisten Songs als transkulturelles Pop-Zwischenwesen, geht dieser Reiz genau dann verloren, und das, obwohl "ACME", ein weiteres jener englischsprachigen Stücke, dem Album mit seiner dröhnenden Post-Rock-Opulenz ein ergreifendes Ende bereitet.
Gruber fühlt sich hörbar wohl in der Rolle des verqueren, aber harmoniebedürftigen Melodieliebhabers. Dieses Glück teilt er nun: "Ich emanzipiere euch / ich geb' jedem das Meine" ("Jedem Das Meine"). "Zores" offenbart einen Zugang zu Ohrwurm-Pop ohne Peinlichkeiten. Das mag nicht jedem gefallen, der "Harieschaim" mochte. Deutlich ausgefeilter und selbstbewusster wirkt es allemal.
6 Kommentare mit 8 Antworten
Es muss "der" statt "ohne" heißen.
Hehe
Welche Zeilen stören dich denn genau.....? Ich mein, gerade der Part im Artikel wo der Vergleich mit englischsprachiger Musik gezogen wird trifft es ja auf den Punkt (aktuell bestes Beispiel: Die neue a perfect circle platte....)...
Gute Review, gefällt, dem Vorgänger konnt ich zwar nichts abgewinnen, die Scheibe hier wird dennoch mal die Tage ordentlich gehört, bin neugierig
"Er raffts nicht er ist halt klein"
Schon echt gut, dass die 2 retardiertesten Gestalten hier sich auch weiterhin schön das Skrotum lutschen. Flachwitzkönig & Aphasiker on Tour. Glänzend.
Bevor Soulis Vendetta hier (hoffentlich)anfängt: https://www.youtube.com/watch?v=fc2sMZEWQGQ
Hängengeblieber 70er Rock mit Stoner Anleihen aus dem Oessenland. Dürfte dem ein oder anderen hier zusagen.
Bin ich eine der Gestalten? Falls ja, will ich bitte die Flachwitzkönigin sein.
Bis 1:50 hört es sich schonmal vielversprechned an, molti.
Och jo kennt man nicht anders dieses grundlose gefronte
Fühlt sich zu sehr in den Achtzigern wohl, um als eigenständiger Gegenwarts-Pop Respekt zu verdienen. Klingt diesmal mehr nach den frühen Ärzten und The Cure als nach Morrissey (wer will heute noch mit einem reaktionären, rassistischen Arschloch verglichen werden?), aber braut aus den Reminiszenzen nichts Neues zusammen.
Für mich uninteressant, aber ich bin auch nicht die Zielgruppe, welche wie Max Gruber eine nostalgisch verklärte Beziehung zu der Musik der 80s pflegt.
Die 1/5 hat er sich hiermit redlich verdient.
Erst Marsimoto, jetzt das. Sind alle ernstzunehmenden Kritiker gerade außer Haus?
Dieser belanglose Synth-Pop auf Deutsch hätte wahrscheinlich höchstens 2/5 von mir bekommen.
Ghostwriting by Jennifer Weist
Er ist schon ein böser Kopierer der Smiths/Morrissey, ich hätte allerdings schlimmeres erwartet. Ich gebe mal 3 Punkte.