laut.de-Kritik
Zum Teil das Beste, was man von den Briten je gehört hat.
Review von Sven KabelitzMit "Future Past" stellen Duran Duran einen persönlichen Rekord auf, den man sehr lange Zeit nicht für möglich hielt. Das Trio "Duran Duran", "Rio" und "Seven And The Ragged Tiger" schien uneinholbar, doch nun veröffentlichen sie ihr viertes Studioalbum in unveränderter Besetzung in Folge.
Es kehrt Ruhe ein und zeitgleich auch konstanter Erfolg für die Band, deren Karriere einer Achterbahn gleicht. 1993 feierte sie nach einer Durststrecke mit dem zweiten "Duran Duran"-Album (aka "Wedding Album") ein gelungenes Comeback, nur um gleich danach mit "Thank You" dermaßen brachial auf dem Hintern zu landen, dass das Q-Magazin diese Schandtat aus missratenen Cover-Versionen zum 'Worst album of all time' wählte.
Nummer vier war eigentlich gar nicht als Album gedacht. 2019 rief Le Bon mal munter in die Runde, ob die anderen nicht mal Lust auf eine klitzekleine EP hätten. Gerade einmal vier Tage später saß man vor einem riesigem Stapel neuer Songentwürfe, der sich schnell zu einem ganzen Longplayer entwickelte. Alles lief, doch dann kam Corona. Für eine lange Zeit ruhten die Arbeiten.
Dennoch hört man dem fertigem Werk die Energie der ersten Tage immer noch an. Selten klangen Duran Duran so spielfreudig. Dies liegt auch an der munteren Bande, die sie sich da in ihren Sandkasten holten. Allen voran Blurs Graham Coxon, der neun der fünfzehn Stücke mitschrieb und auf dreizehn Gitarre spielt. Hinzu kommen Tove Lo, Ivorian Doll, Chai und der großartige Mike Garson. Das Lykke Li-Feature schaffte es im letzten Moment aus rechtlichen Gründen leider nicht auf den Longplayer. Die Produktion übernahm neben einigen anderen wie etwa Giorgio Moroder diesmal zum Hauptteil der englische DJ Erol Alkan.
Die Kehrseite dieser Spielfreude ist ein sehr wechselhaftes Album, das nie einen roten Faden findet, und auf dem auch nicht alles funktioniert. "Beautiful Lies" verbinden Duran Duran zuerst zwar stimmig mit dem typischen pulsierenden Moroder-Sound, der Song selbst kann mit dieser Kraft jedoch nicht mithalten und fällt reichlich cheesy aus.
Der Einstieg mit dem staubtrockenem "Invisible" gelingt um einiges besser. Ein ungewohnter Track, dessen Funk-Basis und nächtliche Atmosphäre noch am ehesten an die "Notorious"-Phase der Band erinnert. Das erste Highlight "All Of You" sucht sein Zuhause zwischen Disco und Funk. Der Refrain zündet, Coxons Gitarre erinnert an Bowies "Fame", und Le Bon zeigt schnell, dass die letzten 40 Jahre seiner Stimme nichts anhaben konnten.
In "Anniversary" feiern Duran Duran zu ihrem 40-Jährigen eine Party mit sich selbst. Klingt erst einmal ziemlich traurig, aber wie auf allem auf "Future Past" setzt die Rhythmussektion der beiden übrig gebliebenen Taylors John und Roger einen schicken Groove unter dieses Unterfangen. Einer der Gründe, warum diese Selbstbeweihräucherung über lange Strecken funktioniert. Wäre da nur nicht dieser aufdringliche "Anniversary / Celebrate / Anniversary"-Refrain, der den bis dahin stimmigen Aufbau einreißt.
Mit seinen weltentrückten Synthesizer-Flächen und dem singendem Bass setzt das stimmungsvolle "Nothing Less" einen Link zu frühesten Duran Duran-Stücken wie "Night Boat" und "To The Shore". Derweil gibt Coxon im Solo den David Gilmour. Die cineastische Ballade "Wing" nimmt sich jede Menge Zeit, um ihre Schwermut zu entfalten. Bis auf ein lautes "More Joy!" gehen Chai in "More Joy!" leider völlig unter. Eine verpasste Chance, da mit den Japanerinnen deutlich Interessanteres als dieser dennoch unterhaltsame 1980s-Computerspielmusik-Track möglich gewesen wäre.
Die Kombination des brillanten Pianisten Mike Garson, der ein paar der besten David Bowie-Alben veredelte, mit Duran Duran wäre mir nie in den Sinn gekommen. Nun liefert diese unerwartete Vereinigung in "Falling" das beste Ende eines Duran Duran-Albums nach "The Chauffeur", mit dem sich der Track eine ähnliche Atmosphäre teilt. Wie Rhodes ihm zu Beginn die Flächen bietet, auf denen er sich ausbreitet, wie Coxon dann behutsam an ihnen vorbei tröpfelt, gehört zum Besten, was man von den Briten je hörte. Ein Track für die Top 10 dieser Band und für den alleine sich "Future Past" bereits lohnt.
3 Kommentare mit 2 Antworten
12 Tracks, so muss dat. Schade, dass es Lykke Li Feature nicht drauf geschafft hat.
Wenn Para 3/5 oder mehr zückt, höre ich rein.
Wäre die erste DD Scheibe seit Notorious, die ich mir anhöre.
Höre gerade den Track. Geht klar. Klingt teilweise schön 80ziger like. Le Bons Stimme weiterhin unverkennbar.
Ah, ok, dann bist Du ähnlich lange raus wie ich. Hab nicht so richtig Turn mir das anzuhören, ggf. klick ich mich mal durch. Ja, seine Stimme absolut unique.
Die erste Hälfte des Albums macht Laune. Comeback-Tour mit INXS w. M.Hutchence wäre der Hammer gewesen ...
„...,nur um gleich danach mit "Thank You" dermaßen brachial auf dem Hintern zu landen, dass das Q-Magazin diese Schandtat aus missratenen Cover-Versionen zum 'Worst album of all time' wählte.“
„Thank You“ ist mein Lieblingsalbum von Duran Duran.
xD xD xD